Der Dollar, die Inflation und der Krieg:

Zahlungsunfähig

Wirtschaftskrisen sind - wie oft schon betont - Epidemien von "Zahlungsunfähigkeit". In der ursprünglichen Ideologie des freien Marktes sollte es dazu nicht kommen, weil das Geld ja nur umläuft, um den Fluß von Waren und Dienstleistungen, für die ein Bedarf besteht zwischen Herstellern und Verbrauchern zu regeln. In dieser Ideologie ist jeder zugleich beides, Hersteller und Verbraucher. Und da der Wert des Geldes nur in seiner Tauschfunktion liegt und es keinen Wert an sich hat, bleibt es im Fluß und regt beide an, die Hersteller und Verbraucher - es sei denn es hätte sich bei denen angesammelt, die nichts mehr brauchen (können), so daß diejenigen die etwas zu verkaufen haben, um etwas anderes zu kaufen, es nicht bekommen.

Die Wirklichkeit ist nicht so; eine richtige Marktwirtschaft gab es eigentlich nur in den Träumen von Kleinbürgern (Kleinhändlern), die sich deshalb ideologisch mit Versprechen wie "Freiheit" und "Demokratie" an der Nase herumführen lassen. Daß es sich dabei um eine Ideologie handelt, macht ein einfacher Blick in die Wirklichkeit deutlich. Im reichsten Land der Welt, denen alle anderen Länder kostenlos Kredit gewährt haben, indem sie deren "Zahlungsmittel", den Dollar, für eine entsprechende Gegenleistung erwarben und bei sich als "Währungsreserve" einbunkerten, versinken die Menschen in Schulden und beginnen daher, das Kaufen einzustellen oder doch so weit möglich zu drosseln. Das offizielle "Amerikanische Bankrott Institut" (ABI) veröffentlichte am 14.8. die neueste Schuldenstatistik. Zwischen 30. Juni 2001 und 30. Juni 2002 kam es zu 1,505 Millionen Konkursen. Dabei brachte das letzte Vierteljahr mit 400.686 Konkursen einen neuen Rekord.

Von den 1,5 Millionen Konkursen des letzten Jahres, betrafen 1,47 Millionen private Hauhalte. Das war ein Anstieg um 8,6% gegenüber dem Vorjahr. Auch die Firmenpleiten erreichten mit 39.201 eine neue Höchstmarke und lagen mit 5,6% über denen des Vorjahres. Die Zahl läßt vielleicht kalt, wenn man nicht bedenkt, daß unter den knapp 40 Tausend auch die drei prominenten Firmenpleiten waren, die alleine fast 200 Mrd. US$ in den Sand gesetzt haben nämlich: WorldCom 103,9 Mrd. US$, Enron 63,3 Mrd. US$ und Global Crossing 25,5 Mrd. US$.

Möglich macht Zahlungsunfähigkeit erst "Kredit"; und die Kleinhändler schreien sofort: "Da seht ihr's, was wir immer gesagt haben. Der Kredit und der damit verbundene Zins ist an allem Schuld. Ohne ihn bleiben alle zahlungsfähig" - oder sie gehen schlicht ein, wenn sie kein Geld mehr haben und ihnen niemand mehr etwas für Geld abkauft. (Jedenfalls wäre damit sichergestellt, daß für arbeitssparende, produktivitätssteigernde Maschinen und damit für den "tendenziellen Fall der Profitrate", kein Geld da wäre und alles - wie es sich die Grünen wünschen - beim alten bliebe)

Das eigentliche Problem ist, wie man zwar alle seine Waren losbekommt und doch schließlich zahlungsfähig wird. (Umgekehrt wird es zum Problem der eigentlichen Leute). Daß das geschieht, liegt nicht am Kredit, wenn der so etwas auch ermöglicht. Argentinien ist ein Beispiel. Unter der Regie seiner Kompradoren im Dienst des Internationalen Währungsfonds (IWF) wurde zwar Geld verdient, doch dieses Geld war infolge der Abwertung plötzlich weniger wert als das, was man für das Geld weggegeben hatte. Der Kredit, den man aufgenommen hatte, wurde dem entsprechend mehr wert, als das Geld, daß man an seiner Stelle erhalten hatte. Weil dies wiederholt so geschah, haben die argentinischen Geldbesitzer Ihr Geld schleunigst dahin geschafft, wo es scheinbar vor Abwertung sicher war - aber nicht sicher sein wird (wenn sie das merken, wird es wieder einmal zu spät sein). Die US-Banken im Lande haben nicht nur an der Provision gut verdient.

Jetzt, wo in Argentinien dort nichts mehr zu holen ist, weil es inzwischen bei den richtigen Banken liegt, läßt der IMF Argentinien fallen, obwohl ihm die Kompradoren in Person Präsident Duhalde zu Füßen liegen. (Allerdings spielen die Provinzgouverneure nicht mehr so recht mit). Glenn Hubbard, der Chef des Council of Economic Advisors (des IWF) jede weitere "Hilfe" (er meint Kredit) abgelehnt. "Argentinien hat nicht genug gemacht". Was wäre genug? Nun, die Selbstaufgabe, eben das, was man von Milosevic in Serbien im Ramboillet Vertragsanhang verlangt hat und nun von Saddam Hussein und später von anderen im Namen von Demokratie und Freiheit verlangen wird.

Das Spiel geht auch anders herum, daß muß so sein, wenn ein Geschäft daraus werden soll. 1974 hatte man den Dollarwert dadurch gestützt, daß man die Nachfrage nach Dollar kräftig angeschoben hat. Das geschah durch den Yom Kippur Krieg und die Öl-Preissteigerung um 400%, wofür die Scheichs die Prügel bezogen haben, ob wohl sie das gar nicht arrangiert hatten. Es war schon im März 1973 in Saltsjoebaden in Schweden von der internationale Finanzelite so geplant worden (Sie kennen das! Wenn nicht, gibt's das Engdahl-Buch auf Diskette für 7 € bei mir). Bei dieser Lösung mußten sich unvermeidlich große Dollarbeträge auf den Konten der Scheichs ansammeln. Daß diese Konten bei US-Banken geführt wurden, war damals eine der Vorbedingungen. So war es dann auch. Nun liegen dort über 1,5 Billionen US$ in Wertpapieren und Industriebeteiligungen, die Scheichs gehören, die damit Forderungen an die USA besitzen. Im Verhältnis zu den umlaufenden Dollar ist das eine beachtlich große Menge. Zu viele Forderungen gefährden, selbst wenn sie unmittelbar nicht geltend gemacht werden, die Macht.

Was also tun? Diese Forderungen müssen liquidiert werden. So etwas ist in der bisherigen US Geschichte immer wieder einmal nötig gewesen. Die Liquidation ist mit der Frage verbunden, was sind diese 1,5 Billionen US$ denn tatsächlich wert? Niemand weiß es, denn "es kommt darauf an". Ihr Wert läßt sich kurzfristig ändern. Man muß - bleiben wir bei den Öl-Scheichs oder den Saudis, diese nur verprellen, so daß sie ihr Geld abziehen, oder es - für den Fall, daß dies nicht geschieht, einfach beschlagnahmen. (Um das eine zu erreichen, droht man nachhaltig mit dem anderen - wie die jüngsten Kampagnen in den USA nach dem 11.9. gegen die Saudis zeigen). [K a p i t a l a n l a g e n  i n  K r i e g s z e i t e n: SICHER IN AMERIKA? Ab Seite 10]

Wenn die Saudis ihre Konten plündern, dann verwandelt man die Beträge in Banknoten, die man den Herren bunt bedruckt gerne aushändigt. Was können sie mit dem frisch gedruckten, bunten Papier anfangen? In etwa so viel wie mit einem beschlagnahmten Konto! Sie können damit in Europa einkaufen, was dort noch für Dollar feilgeboten wird und nicht schon aufgekauft worden ist - die Preise steigen. Allenfalls verkaufen sie etwas, um noch vorhandene Schulden zu bezahlen. (Etwas Ähnliches könnte auch Argentinien tun, wenn sie das bißchen, was ihnen noch verblieben ist, von anderen gegen Dollar aufkaufen ließen). Einkaufen könnten auch die Europäer mit den erworbenen Saudi Dollar nur, was in den USA für Dollars feilgeboten wird. Den Preis bestimmt die Knappheit des Gutes. Der Dollar ist nicht knapp, ihn gibt es in dem Fall im Überfluß.

Ein Crudele berichtete am 22.8. in der New York Post über einen Bericht von Merril Lynch. Danach würde Alan Greenspan eine große Reflation der US-Geschäftsbanken beginnen, das heißt Dollar drucken. Zu viele Doller erzeugen billige Dollar und ein billiger Dollar hilft der Entschuldung der USA. Damit das möglichst schnell abgewickelt ist und man dann zum alten Bretton Woods Spiel zurückkehren kann, sollte das ganze möglichst rasch über die Bühne gehen. Was eignet sich dafür besser als ein kleiner Krieg im Nahen Osten.

In Asien trafen sich am 22.8. die dortigen Zentralbanken. Geladen hatte der Welt Gold Rat (WGC). Ihr Chef Ralston Thiedeman drückte den Grund so aus: "Gold ist seit einem Jahr, und vermehrt in den letzten 6 Monaten, wieder auf dem Radarschirm" (der großen Asiatischen Zentralbanken). Warum? Das Auf und Ab der Geldpapiermärkte, der schwächelnde Dollar und die gegenwärtig niedrigen US Zinsen sind die Gründe. Die Asiatischen Banken halten, nach seinen Angaben, über eine Billion US$ Dollars als Reservewährung, von denen man nicht mehr weiß, was sie wert sind.

Am 25.8. trifft sich die Finanzorganisation aller Arabischen Scheichs in Bahrain, der sogenannte Generalrat der Islamischen Banken und Finanzinstitutionen. Er mußte eigens dazu überredet werden. Auslöser war die scheinbar absurde Klage der Opfer vom 11.9, die von den Arabern eine Billion US$ Schadenersatz fordern, weil sie angeblich die Terroristen unterstützt hätten. Der Schock war nötig, um die Araber wie den Finanzberater Bisher Bakhet, der auf dem Treffen als eine Art Sprecher auftrat, einsehen zu lassen: "Die Leute haben hier kein Vertrauen mehr in die US-Wirtschaft oder die US Außenpolitik. Wenn die jüngste Klage gegen uns nicht vom Gericht abgewiesen wird, bedeutet das: kein Saudi Geld mehr in den USA". Die US-Guthaben nur des Generalrats werden auf 1,2 Billionen Dollar geschätzt. Aber wohin mit dem Geld? Jedenfalls kann, wenn sie sich nicht beeilen, das Gericht jeder Zeit auf dieses Geld zugreifen, um es bis zum Ausgang des Prozesses festzuhalten, das kann dann lange dauern.

Wenn dann die Europäer sich vielleicht wegen der Flutkrise auch ihrer Dollarreserven entledigten, dann hätten die USA ohne große Gegenleistung im raschen Aufwasch die meisten ihrer Auslandsschulden los. Hernach, wenn sich der Dollar von dem Schock erholt hat, könnten die Eigentümer in den USA mit einem dann wieder erstarkten Dollar die nächste Sammelrunde von Auslandsvermögen einläuten. Denn die Bunker der Zentralbanken wären dann leer, und die demokratischen Kompradoren können ihre Zentralbanken veranlassen, wieder in Dollar als Währungsreserve zu investieren.

Jedenfalls ließe sich so die Nachfrage nach und der Wert des Dollar steigern und die Zahlungsfähigkeit wenigstens eine Zeitlang wiedergewinnen, ohne daß allzu großer Schaden bei denen angerichtet wird, auf die es eigentlich ankommt. Wenn wir früher fragten: "Was ist ein Kredit ohne die Pistole, um ihn zurück zu fordern" - hier haben Sie ein praktisches Beispiel. Und die Geprellten? Sind sie nicht selbst Schuld: wären sie mit Zahlungsmitteln vorsichtiger umgegangen?
 

http://www.spatzseite.de/20020825.htm