Laufzeiten der Wertpapiere

09.10.05


Läßt sich mithilfe der Laufzeiten eine Aussage über den zukünftigen Verlauf der Kreditvergabe und somit über die kommende wirtschaftliche Entwicklung (BIP) treffen? (Zusammenhänge Kreditvergabe/BIP siehe HIER)

Vorab: Ich denke ja!!


Basierend auf den Aussagen von "BRD/Bund - Bruttokreditaufnahmen nach Laufzeitklassen" (bitte Lesen!!) wird hier die Sache vertieft. Also inklusive der Privaten als Kreditnehmer und somit ALLE festverzinslichen Wertpapiere betreffend!!


Zuerst mal zwei Graphiken über den Verlauf der Kreditvergabe. Sie werden später zum Vergleich herangezogen!

Graphik 1; Kredite deutscher Banken an Nichtbanken (Unternehmen, Privatpersonen und öffentliche Haushalte, z.T. auch Euro-Raum)



Graphik 2; Kredite an inländische Nichtbanken (Unternehmen und Privatpersonen, ohne Wertpapiere)




Los gehts!!

Werfen wir einen Blick auf folgende Graphik:



Wir sehen, daß die größten Zuwächse der kurzfristigen Laufzeiten der Wertpapiere (hellrote und rote Linie) von 1998 auf 1999 und von 1999 auf 2000 stattfanden. Dadurch wird natürlich auch die zukünftige Tilgungsfrequenz immer kürzer.

Jetzt schauen wir uns nochmals die obigen Graphiken der Kreditvergabe an. Es fällt auf, daß der wirklich heftige Absacker 1999/2000 auf 2001 begonnen hat. Zu dieser Zeit wurden "zufällig" aber auch die ersten, gerade erwähnten, Wertpapiere mit ihren Tilgungen fällig, die ein, zwei Jahre zuvor (1998/99) anteilig so enorm angestiegen sind!!! Auch für die Folgezeit des Kreditvergaberückgangs gilt der Abgleich.

Ja sogar der Rückgang der Anteile der kurzfristigen Laufzeiten von 1994 auf 1995 machte sich, 1-2 Jahre später (1995-1996), mit einem kleinen Peak nach oben, in der Kreditvergabestatistik, bemerkbar.


Selbst der Anstieg der Kreditvergabe in 2004 in der ersten Graphik ("BRD - Korrelation Kreditvergabe zu BIP"), im Gegensatz zur zweiten Graphik ("Kredite an Unternehmen und Privatpersonen"), wo "er" nicht stattfand, läßt sich erklären.
Im ersten Bild sind die öffentlichen Haushalte mit drin!!!
Da sich aber seit ca. 2002 quasi nur noch der Staat zusätzlich verschuldet (siehe Graphik), bei ihm aber genau zu dieser Zeit ebenfalls ein leichter Rückgang des Anteils der kurzfristigen Kredite zu verzeichnen war (siehe Graphik, passend zur obigen Laufzeitgraphik), stellte sich für 2004 (1-2 Jahre nach dem Rückgang), eben auschließlich in der ersten Graphik, der angesprochen Zuwachs ein.

Was soll das alles? Meine (!!) Interpretation:

Abgesehen vom absoluten Wert (plus soundsoviel Prozent usw.) der zusätzlichen Neuverschuldung und wer der Kreditnehmer ist (Staat oder Private) spielt die Laufzeitenverteilung anscheinend eine gewisse Rolle. Damit lassen sich zwei, wie ich finde, wichtige Aussagen treffen:

1.) Vorausgesetz (!!) meine Beobachtungen sind richtig (?!?), eröffnen sich bezüglich der Neuverschuldung ganz neue Perspektiven-nämlich ein grober Blick in die nähere Zukunft !! Das wäre doch was!!!

2.) Dieser Blick zeigt nichts wirklich Gutes, denn die kurzfristigen Laufzeiten befinden sich nach wie vor auf recht hohem Niveau. Der "Druck" (="Tilgungsdruck") wird demnach auch die nächsten ein, zwei Jahre nicht nennenswert nachlassen!!

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Die ganze Sache langfristiger!!

Das ließ mir keine Ruhe
, und über eine fehlende, langfristige Statistik zu den verschiedenen Laufzeiten, habe ich mich schon öfter abfällig geäußert. Deshalb habe ich nochmals gewühlt!!!
Gefunden habe ich eine solch feine Unterteilung wie oben zwar nicht , aber immerhin was Langfristiges mit Laufzeiten < 4 Jahre (analog zur grauen Linie in obiger Graphik)!! Also den selben "Absatz von festverzinslichen Wertpapieren inländischer Emittenten" wie oben, aber lediglich mit dem Anteil der Laufzeiten von < 4 Jahren (anstatt "bis einschließlich 1 Jahr", "über 1 bis unter 2 Jahren", "2 bis unter 5 Jahre" usw.).

Dessen Verlauf habe ich dann in eine Graphik gepackt, und zum Vergleich das BIP und die "Kreditvergabe an inländische Unternehmen und Privatpersonen" (Graphik 2 von oben) mit intergriert.

Das Ergebnis ist in der Tat verblüffend:



1.) Ganz allgemein: der Anteil der kurzen Laufzeiten (< 4 Jahre, fette rote Linie) lag 2004 immer noch in der Nähe des historischen Hochs von 2002, auch wenn seit dem mit leicht fallender Tendenz. Apropos Tendenz: die Tendenz ist, im Gegensazt zu der Kreditvergabe, über die letzten Jahrzehnte gesehen, eher steigend.

2) Das Wichtigste: Steigt der Anteil der kurzen Laufzeiten am gesamten Absatz der Wertpapiere, geht sowohl die Kreditvergabe (hellrote Linie), als auch das BIP (schwarze Linie), zurück -umgekehrt natürlich genauso. Und das (die Rückgänge/Anstiege des BIP und der Kreditvergabe) in der Regel mit einem zeitlichen Nachlauf von etwa 1-2, max. 3, Jahren!! 

3.) Seit 1990 ist -wie die Graphik von weiter oben zeigt- innerhalb der kurzen Laufzeiten auch noch der Anteil der "extrem" kurzen LZ (<= 2 Jahre) von 0 auf 36% in 2004 gestiegen. Innerhalb der "extrem" kurzen LZ wiederum, bestimmen die LZ von max. 1 Jahr -mit mittlerweile 85 bis ca 95%- das Bild. Ich denke nicht, das es -ob dieser Tatsache- vermessen ist, zu sagen, das aufgrund dessen, die "Reaktionszeit" des BIP, ebenfalls immer kürzer wird.


Schlußfolgerung:

Das alles läßt die Möglichkeit zu, daß wir, durch die Beobachtung der Laufzeitenentwicklung, tatsächlich eine Aussage über die nähere Zukunft der wirtschaftlichen Entwicklung (BIP1) treffen können!!
Zumindest wenn wir davon ausgehen, daß die diesbezüglichen Korrelationen der letzten 37 Jahre, auch in den kommenden Jahren noch gelten. Na, wenn das mal nichts ist?!?! Warum dies (die Korrelationen) nun so ist, spielt im Grunde keine Rolle.

P.S.: Interpretationsfehler sind selbstverständlich nicht ausgeschlossen. Aber selbst wenn ich das ein oder andere Detail falsch gedeutet haben sollte, die grundsätzliche Aussage läßt sich, denke ich, durchaus halten. In jedem Fall macht die Beobachtung der Laufzeiten auch weiterhin Sinn!!! Wir werden sehen !

P.P.S.: In Folge meiner Schlußfolgerung, werde ich zukünftig in meiner Rubrik "Neues von der Kreditfront" auch die Laufzeiten der Wertpapiere integrieren. Diese Rubrik wird regelmäßig in den "News" dargestellt. Als Beispiel sei der August '05 angehängt.

1Hedonischer Schnickschnack zur Erhöhung des BIP außen vor gelassen!!

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Neues von der Kreditfront (August '05)

Vorab 1: 

Vorab 2: Zu dieser ganzen Thematik nochmals ein paar erklärende Ausszüge aus "DAS ist unser heutiges Kredit und Kreditgeldsystem (in 59 Punkten)":
.....
55. Ein Kredit- bzw. Kreditgeldsystem scheitert unausweichlich, sobald die immer neue und immer zusätzliche Kreditvergabe und Kreditnahme stockt bzw. gar abnimmt. 
56. Wie hoch sich Kredite/Schulden bereits aufgetürmt haben, ist als solches zunächst unerheblich. 
57. Entscheidend bleibt immer, ob diese Kredite/Schulden durch zusätzliche Kredite/Schulden am Leben erhalten werden.
58. Kommt es wegen der bereits existenten Höhe der Kredit- bzw. Schuldensummen zu einer Stockung bzw. einem Rückgang bei der Schaffung neuer Kredit- bzw. Schuldverhältnisse, ist der kritische Punkt des gesamten Systems erreicht (sog. "Überschuldung"). 
59. Wird die Überschuldung allgemein, stürzen sämtliche bereits existenten Kredit- bzw. Schuldverhältnisse in sich zusammen. 
.....
Vorab 3: Für grundsätzliche Erklärungen zu diesem Thema, bitte HIER kurz reinschauen.


1.)
Kredite deutscher Banken an Nichtbanken (Unternehmen, Privatpersonen und öffentliche Haushalte, z.T. auch Euro-Raum)



(>>)

Bevor es mit der eigentlichen Kreditvergabe losgeht, möchte ich heute noch ein paar allgemeine Sätze loswerden:

Beinahe am Interessantesten bei dem Ganzen, finde ich die Tendenz über die letzten 50 Jahre. Im Grunde ging nach jedem Peak der zusätzlichen Kreditvergabe (rote Linie), diese wieder unter den Startpunkt des Anstiegs zurück. Eine Trendlinie würde wohl klar von links oben nach rechts unten laufen. Darauf basierend kann zwar ein weiterer, positiver Peak nicht ausgeschlossen werden (wie und warum auch immer der letzlich Zustande käme steht in den Sternen, ist aber natürlich nicht ausgeschlossen), aber danach geht es wieder unter den Startpunkt zurück. Nur das diesmal der Startpunkt bei Null liegt!! 


Für diesmal ergibt sich ein Zuwachs von 5,88 Mrd.€, oder 0,16%. Das ansich ist schon eher mäßig.
BRD-Tilgung Wertpapiere in Mrd.€
Nov 04 81,8
Dez 04 82,8
Jan 05 84,6
Feb 05 70,0
März 05 68,8
April 05 44,3
Mai 05 72,7
Juni 05 85,4
Juli 05 68,8
Aug 05 68,3
(>>, Emissionsstatistiken)
Und schauen wir genauer hin (>>), fällt auf, daß die Buchkredite dabei um knapp 3,8 Mrd.€ zurückgegangen, die Wertpapiere gleichzeitig jedoch um 8,4 Mrd.€ angestiegen, sind.

An diesem Punkt möchte ich die Bundesbank zitieren:

Das Emissionsvolumen am deutschen Rentenmarkt ging, wie auch in den Vorjahren, im August gegenüber Juli zurück und belief sich brutto auf 63,5 Mrd €. Allerdings überstiegen die Tilgungen [siehe Tabelle links] die Neu-Emissionen um 4,8 Mrd €. Mehrheitlich wurden Anleihen mit einer Laufzeit unter vier Jahren begeben. (>>)

Wenn also die Wertpapiere in Deutschland um 4,8 Mrd.€ netto im Minus liegen und die Buchkredite ebenfalls abtauchten, dann heißt das nichts anderes, als daß das eh schon magere Plus nicht aus der BRD stammen kann-sind doch die 8,4 Mrd.€ der Wertpapiere beinahe in Gänze dafür verantwortlich. An dieser Stelle möchte ich nochmals erwähnen, daß in dieser Statistik auch öffentliche Haushalte enthalten, leider aber nicht extra aufgeführt, sind.

Die öffentliche Hand verringerte im August ihre Kapitalmarktverschuldung per saldo um 7,4 Mrd €. (>>)
Nicht mal mehr auf die öffentlichen Hände ist Verlass ! Mehr unter 2.) !!
Für das Gesamtjahr ergibt sich dadurch -bis jetzt- immerhin noch ein Zuwachs von 62,83 Mrd.€, oder 1,73% (Dez 04 = 3630,81; August 05 = 3693,64 Mrd.€). Eher bescheiden, im Verhätltnis zu den letzten Jahrzehnten. Zumal, wie gesagt, leider nicht genau ersichtlich wird, wie der deutsche Anteil exakt aussieht.


2.) Kredite an inländische Nichtbanken (Unternehmen und Privatpersonen, ohne Wertpapiere)


(>>)

Kredite an inländische Unternehmen und Privatpersonen
(INKLUSIVE Wertpapiere)
. Mrd.€ Veränderung in %
1999 2265,40 6,94
2000 2387,01 5,37
2001 2425,99 1,63
2002 2411,07 -0,62
2003 2409,93 -0,05
2004 2397,64 -0,51
Jan 05 2396,81 -0,04
Feb 05 2394,91 -0,08
März 05 2395,58 0,03
April 05 2433,30 1,58
Mai 05 2416,41 -0,70
Juni 05 2398,33 -0,75
Juli 05 2404,36 0,25
Aug 05 2406,71 0,10
Nur die Buchkredite betrachtend (Graphik), hat sich im Grunde, wie schon seit ca. 2-3 Jahren, mal wieder nichts getan *gähn*.

Bei 1,18 Mrd.€, oder 0,05%, kann man kaum noch von einem Zuwachs reden.


Auch Inklusive der Wertpapiere (nebenstehende Tabelle) wird das Bild nicht wesentlich aufgehellt. Ein Plus von 2,35 Mrd.€, oder 0,10%.

Seit Anfang des Jahres liegen wir (inklusive Wertpapiere) mit 9,07 Mrd.€,  oder 0,38% im positiven Bereich. Analog die Buchkredite: 5,45 Mrd.€, oder 0,25%.

Da bleibt für den August nur eins zu sagen:

Aus 1.) und 2.) müssen wir wohl zusammenfassend feststellen, daß die Neukreditaufnahme in der BRD -inklusie Private und öffentliche Haushalte (hier mal ohne Wertung)- bestenfalls stagniert, eher aber sogar im Minus liegt.

Auch wenn es, ob meiner ständigen Wiederholungen, langsam albern wird, die Werte sind in keinster Weise dazu angetan, für einen Aufschwung aus "dem Innern" zu sorgen!!

Eine "Jahreszahl" noch:
Marktmäßige Nettokreditaufnahme der öffentlichen Haushalte für Januar 05 bis Juli 05: 54,4 Mrd.€. Da fallen die -7,4 Mrd.€ für den August kaum ins Gewicht.

Kurz noch die...

3.) "Bankstatistische Gesamtrechnungen in der Europäischen Währungsunion, Konsolidierte Bilanz der Monetären Finanzinstitute (MFIs)"


Kredite an "Unternehmen und Privatpersonen" 2005 (Mrd. €)

Feb. '05 = 8784,9;  März '05 = 8844,2;  April '05 = 8954,3; Mai '05 = 9023,4;  Juni '05 = 9142,2;  Juli '05 = 9188,9;  August 05 = 9191,3  (>>)

Differenz von August 05 auf Juli 05 = 2,4 Mrd.€, oder 0,026% (Vormonat Juli auf Juni '05 = 46,7 Mrd.€, oder 0,51%). Teile ich die +2,4 Mrd.€ auf die zwölf Länder der Währungunion auf, dann ergibt sich pro Land eine Zunahme von im Schnitt +0,2 Mrd.€. Das ist natürlich nur ein Mittelwert und deshalb nur begrenzt aussagefähig. Jedoch, schon beim letzten Mal (...Für dieses Mal zeigt sich nichtsdestotrotz eine deutliche Verlangsamung der Kreditvergabe...) liefs nicht so rund, und der August war ein "Desaster", da praktisch gleichbedeutend mit europaweitem Stillstand. Da sich der August aber schon immer eher schlecht darstellt (>>), ist es in jedem Fall zu früh von einer negativen Trendwende in "deutsche Gefilde" zu sprechen.

Wenn (!!), ich wiederhole, wenn (!!) dies passieren sollte (!!), dann ist es allerdings wirklich essig mit der BRD. Nichts ist unmöglich, und ich würde mich im gegenteiligen Szenario bestimmt nicht beschweren, aber ich (!!) kann mir nicht vorstellen, daß Deutschland dies, im Falle des Falles, aus eigener Kraft ausgleichen kann!!