Vom
Glauben und Wissen über Kredit, Geld und den Geldumlauf
von Ernst Dorfner ....... Die Tauschtheorie: Am Anfang ist die Tauschware Paul A. Samuelson schreibt in seinem Standardlehrbuch: „In allen Kulturen, mit Ausnahme der allerprimitivsten, tauschen die Menschen nicht direkt ein Gut gegen ein anderes. Statt dessen verkaufen sie ein Gut gegen Geld und verwenden dann dieses Geld zum Kauf der Güter, die sie erwerben wollen.“ Samuelson dann weiter: „Statt eines doppelten Zufalls gleicher Bedürfnisse gibt es eher einen Bedarf an Zufall; nur wenn ein hungriger Schneider einen unbekleideten Bauern trifft, der über Nahrungsmittel verfügt und sich Hosen wünscht, können beide einen Handel abschließen. Geld vereinfacht das Wirtschaftsleben.“ ( 4) Mit dieser ‘doppelten Koinzidenz’ wird der Vorteil des Geldes erklärt. Und allein bei diesem einzigen Vorteil bleibt es auch. Wobei Geld ganz einfach da ist. Geld ist in diesem Sinn eine Tauschware, das zwar gebraucht, aber nie verbraucht wird. Als diese Tauschware, so die Vorstellung, wird Geld von einem Wirtschaftssubjekt zum nächsten und wieder zum nächsten im Austausch für eine Verbrauchsware (5) weitergegeben. Also von A zu B zu I zu R zu Z zu B zu G zu X zu A zu .... Diese Tauschware ist genau so selbstverständlich da wie jede andere Ware. Sie wird von irgendjemanden als Ware hergestellt und im Austausch gegen eine andere in Umlauf gebracht. Und da nicht verbraucht, bleibt sie auch immerfort darin, soferne sie als Ware nicht zurückgehalten wird. Wird diese Tauschware als Schatzmittel zurückgehalten, so wird der Kreislauf unterbrochen. Daraus entsteht die herkömmliche Vorstellung vom Sparen und Verleihen von Geld: Die Tauschware, also ein Ding, wird gegen einen Vertrag auf Rückgabe zu einem bestimmten Zeitpunkt verliehen und so wieder in den Umlauf zurückgeschleust. Die Tauschware wird also gegen einen Vertrag auf Rückgabe zu einem späteren Zeitpunkt ausgetauscht. Eine Verbuchung im Sinne der doppelten Buchhaltung findet dabei dannnicht statt, wenn ein Verleihen ohen Zwischeschaltung der Bank erfolgt, was ja hier beim Verleihen von Dingen möglich ist. Wenn aber über eine Bank verliehen - und verbucht - wird, dann steht im ersten Schritt, dem Verleihen des Geldes vom Kunden A an die Bank, dem Geldbetrag auf der Aktivseite eine Verbindlichkeit gegen A gegenüber. Das Geld bleibt erhalten. Dies anzumerken ist wichtig, weil sich gegenüber unserem heutigen Geld hier ein entscheidender Unterschied zeigt. Die Verbindlichkeit ist eine in Geld. Erst im zweiten Schritt, wenn das Geld an C weiterverliehen wird, wird die Verbindlichkeit der Bank bzw. die Forderung des A eine Forderung in Geldvermögen. Diese Tauschware ist ursprünglich das Gold – Gold als über die Goldgewinnung produzierte Ware. Diese Vorstellung einer Tauschware bleibt beim Übergang zum Papiergeld erhalten, obwohl man weiß, dass dessen Produktion kaum mehr Kosten verursacht. So ist Geld in der üblichen Vorstellungswelt weiterhin ganz einfach da, so als ob es im Austausch gegen eine andere Ware in den Kreislauf gekommen wäre. Dieses ‚ganz einfach Da-sein’
von Geld findet sich so bei Helmut Creutz, wenn er schreibt: „In einem
Kreis gibt es keinen Anfang und kein Ende. Ein einmal in den Kreislauf
gegebener Geldschein kann also endlos kursieren, ganz gleich, wofür
er verwendet wird. Machen wir uns das an einfachen Modellen mit fünf
Beteiligten klar.
Aus diesem Modell wir klar erkennbar, was unter Geld, Kredit und Geldumlauf verstanden wird. Dabei werden folgende Voraussetzungen stillschweigend und unhinterfragt immer wieder angenommen: 1. Alle Waren einschließlich der Tauschware Geld werden in einem vorgeldlichen Bereich hergestellt. Die Bereitstellung von Waren
ist also vom Geld nicht abhängig.
2. Geld kommt als Tauschware über einen Tauschvorgang in Umlauf. 3. Geld ist ab da als Tauschware, als Ding, einfach immer „da“. Geld kann so nur verschwinden, wenn die Tauschware missbräuchlich verbraucht oder als Schatz aus dem Verkehr gezogen wird. 4. Der Kauf/Verkauf-Vorgang stellt sich als Tauschvorgang dar, bei dem das Ding „Geld“ gegen andere Dinge getauscht wird. Geld zirkuliert als niemals
verbrauchte Tauschware, die gegen eine Verbrauchsware getauscht wird.
5. Kredit setzt das Vorhandensein von Geld und setzt Ersparnisse in Geld zwingend voraus. Um Kredite vergeben zu können,
müssen die Banken Ersparnisse an sich bringen.
6. Der Zins kommt erst dann ins Spiel, wenn irgend wo mitten im Umlauf Geld gespart wird und damit Kredite vergeben werden. 7. Um Zinsen bezahlen zu können, müssen die Banken das gesparte Geld an jemand verleihen, der Zinsen zahlt. Diese Aussage scheint selbstverständlich und daher entbehrlich. Sie wird aber gemacht, um schon jetzt auf einen entscheidenden Unterschied zum Kreditgeldsystem hinzuweisen. Dieses Modell beschreibt
den mittelalterlichen Handelskapitalismus, nicht jedoch den Produktions-
oder Industriekapitalismus der Neuzeit. Doch noch immer prägt es die
Vorstellungen rund um das Geld: So irgendwie als Tauschware kommt auch
unser heutiges Geld in den Umlauf, bereitgestellt durch die Zentralbank,
die die alleinige Macht zu dessen Bereitstellung hat, so irgendwie funktioniert
das alles auch mit dem modernen Geld, dem Sparen und den Krediten. So irgendwie.
Geld: Ein A-priori. Doch „nichts genaueres weiß man nicht“.
Die Kredittheorie: Am Anfang ist der Kredit Wenn ich heute im Supermarkt
meine Lebensmittel besorge und an der Kasse dann mit der Bankomat- oder
mit der Quick-Karte zahle, so wird mir deutlich bewusst, dass ich dabei
nichts tausche. Es wird allein von meinem Gehaltskonto bei meiner Bank
der bezahlte Betrag abgebucht und dieser dem Konto des Supermarktes bei
seiner Bank zugebucht. Dabei liegt auf meinem Konto keine bestimmte Summe
Geldes in verschiedenen Banknoten. Ich habe lediglich eine Forderung in
besagter Höhe gegen die Bank, festgehalten auf meinem Konto bei der
Bank, der buchhalterisch eine gleich große Verbindlichkeit der Bank
mir gegenüber gegenübersteht. Beim Bezahlen reduziert sich meine
Forderung gegen die Bank, so auch deren Verbindlichkeit mir gegenüber,
nicht aber die Gesamtverbindlichkeit der Bank bzw. des Bankensystems. Es
wird nur ein Teil der ursprünglichen Verbindlichkeit mir gegenüber
in eine Verbindlichkeit gegen den Supermarkt übertragen.
Aus dieser konsolidierten
Bilanz wird nun aber deutlich, dass Geld keine Tauschware, kein Ding, mehr
ist, das als solches irgendwann einmal gegen ein anderes Ding getauscht
worden und seit dem im Kreislauf ist.
· Zentralbankkredit
an die Geschäftsbanken und von diesen gleichfalls über einen Kredit an eine Nichtbank (Unternehmen, Haushalte, Staat) in den Kreislauf. In beiden Fällen aber haben die Geschäftsbanken schon zu einem früheren Zeitpunkt Kredite „aus dem Nichts“ vergeben, bei denen sie jene Wechsel oder Wertpapiere als Sicherstellung hereingenommen haben, die sie nun für die Bereitstellung von Bargeld an die Zentralbank abtreten. Dabei erfolgt die Verzinsung bei ersterem über den Abzug eines Agios und bei zweiterem durch Lukrierung der Verzinsung der Wertpapiere während der Zeit der „Pensionierung“ der Wertpapiere in der Zentralbank. Wenngleich die historische
Entwicklung vom Goldgeld als Tauschware hin zum Kreditgeld gelaufen ist
und weiter zu immer virtuelleren Geldformen läuft, so steht heute
bei alle dem ablaufmäßig der Kredit einer Geschäftsbank
immer an Anfang. Daraus entsteht virtuelles Geld – und nur auf Verlagen
der Bankkunden kommt dann Bargeld, Zentralbankgeld, mit herein in das Zahlungsgeschehen.
Abgesehen von der Nutzung der Anonymität des Bargeldes für kriminelle
Handlungen, sind es fast ausschließlich die privaten Haushalte, die
– mit sinkender Tendenz - noch Bargeld benützen.
Am Anfang ist der Kredit.
Der Kredit einer Geschäftsbank. Und der Kredit wird zu Geld. Das ist
das Neue an unserem heutigen Geld, das ein Geld des Industriekapitalismus
ist. Der Kredit – also Verschuldung – steht am Anfang. Er steht deshalb
am Anfang, weil nur damit die Produktion in einer Gesellschaft begonnen
werden kann, in der das Privateigentum konstitutiven Charakter hat. (7)
Geld: Ein Spannungsverhältnis Der Kredit der Bank B an
den Kreditnehmer, den Produzenten A, ist zuerst nur ein gegenseitiges Paar
von Forderungen und Verbindlichkeiten: Eine Verbindlichkeit der Bank, (damit
eine Forderung des Kreditnehmers), zu zahlen, gleichzeitig aber auch eine
Verbindlichkeit des Kreditnehmers (damit eine Forderung der Bank), rückzuzahlen.
Noch heben sich die so gebildeten Spannungsvektoren gegenseitig auf. Erst
wenn die Forderung des Kreditnehmers von diesem auf einen Dritten C, den
Lieferanten von Vorprodukten des A, übertragen wird, „fließt“
Geld. Jetzt heben sich die Vektoren nicht mehr gegenseitig auf. Während
das Kreditverhältnis zwischen Kreditnehmer A und Bank B in Form einer
Forderung der Bank bzw. einer Verbindlichkeit des Kreditnehmers weiter
aufrecht ist, ist die Verbindlichkeit der Bank an den Dritten C in Form
einer Forderung gegen diese übertragen worden. A hat nun keine Verbindlichkeit
mehr gegenüber C, sondern nur gegenüber der Bank B, C keine Forderung
gegen A, aber eine gegen die Bank B. Damit ist Geld entstanden.
Geld ist somit etwas Nicht-Dingliches, das auch verschwinden kann. So wie der elektrische Strom, der zwischen unterschiedlich hohen Spannungspotentialen, zwischen eQuelle und einer Senke fließt. Und so wie bei einem Erdschluss das Stromnetz zusammenbricht, verschwindet Geld dann, wenn es zu einem Kurzschluss zwischen Neu- und Altschuldnern kommt. Geld ist also nur solange vorhanden, wie die Fließgeschwindigkeit zwischen Quelle und Senke, den Neu- und Altschuldnern, eine begrenzte ist. In diesem Sinn ist Geld eine
Information über das jeweilige Potential-Verhältnis entweder
als Gläubiger oder als Schuldner der kontenführenden Bank. Und
da es beim Bezahlen um nichts anderes wie um die Tilgung von Schulden geht,
braucht es nicht eines Dinges, sondern genügt die Information über
Veränderungen auf dem Konto der Bank. So ist es unerheblich, ob mit
Banknoten oder irgend etwas anderem bezahlt wird, womit die Banken über
diese Veränderung informiert werden. Bargeld ist also heute eine reine
Oberflächenerscheinung, eine umständliche Verpackungsform ohne
konstitutiven Einfluss auf den Inhalt. Was bargeldlos über elektronische
Datenvernetzung erfolgt, setzt sich bei Bargeldbezahlung als Behebung von
Bargeld und Abbuchen des behobenen Betrages vom eigenen Konto, und nach
Bezahlung als Einzahlen von Bargeld und Zubuchen auf das andere Konto dar.
Dass dieses Bargeld oder Zentralbankgeld nicht konstitutiven Charakter hat, wird auch aus der konsolidierten Bilanz der MFIs erkennbar. Dieses Bargeld findet sich dort nur in Spuren auf der Aktivseite, aber nahezu zur Gänze auf Seite der Passiva neben den täglich fälligen Guthaben, also dem Giralgeld. Diesem Giralgeld steht das Bargeld also nicht gegenüber, baut Giralgeld also nicht auf dem ZB-Geld auf, sondern ist dieses ZB-Geld neben dem Giralgeld noch im Umlauf. Rund 20 Prozent ZB-Geld neben 80 Prozent Giralgeld. Tendenz für Bargeld weiterhin sinkend. (8) Aus all dem wird erkennbar,
dass die Zentralbank die Kontrolle über die umlaufende Geldmenge –
so sie sie jemals hatte – längst verloren hat. Der Vorgang, den wir
als Geldschöpfung bezeichnen, geht immer mehr in die Hände der
Geschäftsbanken über, die aber dazu Partner brauchen: Da Geld
mit Verhältnissen zu tun hat, brauchen die Banken ein Gegenüber:
Jemanden, der Kredite aufnimmt, jemanden, der sich verschuldet. So wie
ein Seil, das auch nur zwischen zwei Fixpunkten gespannt werden kann. So
ist auch die Macht der Geschäftsbanken eine beschränkte. Sie
ist abhängig von der Kreditaufnahme-Bereitschaft der Unternehmen,
die wiederum von deren Vertrauen in die zukünftigen Erwartungen (Keynes)
abhängt.
Der Umlauf der Schulden Aus diesen Überlegungen wird nun aber auch ersichtlich, dass nicht Geld, sondern Verschuldung – und zwar eine wachsende Verschuldung, damit der Vorschuldner jeweils Gewinne lukrieren und Zinsen zahlen zu können – von Hand zu Hand vorwärts in die Zukunft läuft, wobei die „alte“ Verschuldung durch eine „neue“ Verschuldung abgelöst wird. Womit Geld aber gewissermaßen von den neuen Schulden immer zurück in die Tilgung der alten Schulden läuft. Folglich muss auch immer wieder „neues“ Geld entstehen, um alte Schulden aufzulösen, womit dieses Geld wieder vernichtet wird. Das Geld bewegt sich also zurück. Und es ist nur solange vorhanden, wie es sich zwischen Start und Ziel bewegt. Mit der Vorstellung einer Bewegung wird nun aber auch deutlich, dass es auch bei dieser Form von Geld so etwas wie eine Fließgeschwindigkeit gibt. Diese Fließgeschwindigkeit würde unendlich groß, wenn der Zeitpunkt der Verschuldung des A mit dem Zeitpunkt der Entschuldung des C praktisch zusammenfällt. Geld verschwindet fast in dem Moment, in dem es entsteht. Diese Geschwindigkeit muss also eine endliche sein, damit Geld überhaupt vorhanden ist. Und sie wird deshalb eine endliche, weil nahezu alles Geld auch durch die Hände der Haushalte fließt: Diese Fließgeschwindigkeit hat dabei eine obere Grenze, die vom zeitlichen Abstand abhängig ist, in dem immer wieder eine Neuverschuldung erfolgt. Diese Neuverschuldung bestimmt nun aber auch die Geschwindigkeit, mit der produziert wird. Sie bestimmt die mittlere Fließgeschwindigkeit. Auch ein Haushalt kann sein Monatseinkommen nur einmal im Monat ausgeben, unabhängig davon, ob er dies schon in den ersten Tagen macht oder verteilt über den ganzen Monat. Umgekehrt kann es auch einen
Geldstau oder Geldzurückhaltung geben. Dies vor allem
Beim Einkauf von Vorprodukten
mittels Fremdfinanzierung verschulden sich die Unternehmen nur soweit,
wie sie für die Produkte zu zahlen haben. Die Höhe der Geldschaffung
entspricht also der Höhe der Geldnutzung. Das gesamte neu geschaffene
Geld fließt so von A rasch zurück zu C, wo es zur Tilgung der
Kredite verwendet wird, die für die Herstellung der Vorprodukte benötigt
wurden. Die Zeitpunkte der Geldschaffung und der Zeitpunkt der Geldvernichtung
fallen fast unmittelbar zusammen.
Ähnliches kann mit dem Geldeinkommen der Unternehmen geschehen, das dem Eigenkapital zufließt. Auch dieser Anteil im Preis der Produkte muss durch Geldschaffung vom Käufer bereitgestellt werden, doch muss er nicht zwangsläufig zur Tilgung alter Schulden verwendet, sondern kann auch für eine spätere Neuanschaffung zurückgelegt werden. Diese Nichtnutzung von vorweg
geschaffenen Geld bezeichnen wir
Beim Horten wird die Fließgeschwindigkeit am Geldkonto zu Null. Es kann zu einer Vermehrung von Geld kommen, also einem Anstieg der Giralgeldmenge bei gleichzeitigem Inaktiv-werden eines Teiles davon. Was aber passiert nun bei diesem Sparen, wo ja hier kein Ding zur Weitergabe an die Bank übergeben wird und dieses in ihren Bestand übernimmt? Die Bank tauscht die täglich
fällige Forderung, also Giralgeld, gegen eine Forderung mit vereinbarter
Laufzeit oder Kündigungstermin, also in eine Forderung auf Geldvermögen.
Sie nimmt damit die Forderung des Kunden gegen die Bank an sich, womit
sich nun auch die Verbindlichkeit in eine gegen sich selbst verwandelt.
Forderung und Verbindlichkeit heben sich so gegenseitig auf: Geld in Form
von Giralgeld ist vernichtet worden. An die Stelle der Forderung auf Geld
ist die Forderung auf Geldvermögen getreten, der eine Verbindlichkeit
der Bank in Geldvermögen gegenübersteht.
Sparen: Vernichtung von Geld, wofür Zinsen bezahlt werden Damit aber können wir nun behaupten, dass Sparen von Geld nichts anderes bedeutet als Vernichtung von Geld durch die Geschäftsbanken, wobei an dessen Stelle nun Geldvermögen tritt (9). Geld entsteht erst wieder durch Rückverwandlung von Geldvermögen in Geld, also in täglich fällige Guthaben, oder – unabhängig davon - durch Aufnahme von Krediten bei den Geschäftsbanken, die diese aus dem Nichts schöpfen. Damit aber stellt sich nun die Frage, warum die Geschäftsbanken für Spareinlagen Zinsen zahlen, wenn sie dieses Geld dann vernichten. Warum tun sie derartig Unsinniges? Folgendes ist dabei zu bedenken: 1. Geld entsteht aus dem Kredit. Das heißt: Hinter sämtlichen umlaufenden Geld stehen Kredite, wobei allerdings die Summe aller vergebenen Kredite wesentlich größer ist als die Summe des umlaufenden Geldes. (Etwa 4: 1 bis 5: 1) 2. Kredite werden durch die Geschäftsbanken aus dem Nichts geschöpft, das heißt, sie haben keine Ersparnisse als Voraussetzung. Kredite werden idealtypisch
durch Unternehmen aufgenommen, um Vorprodukte und Leistungen von Dritten
zukaufen zu können. Produzieren setzt also Verschulden voraus.
3. Zentralbankgeld kommt erst über die Abtretung von Wertpapieren oder Wechsel von den Geschäftsbanken an die Zentralbank in Umlauf. Da Wertpapiere und Wechsel nur über Kreditvergabe in die Hände der Geschäftsbanken kommen, muss also der Kredit der Geschäftsbanken dem Zentralbankgeld voraus gehen. 4. Da am Anfang der Kredit ist, und Geld aus dem Kredit hervorgeht, fallen somit auch am Anfang schon bei der Geldbereitstellung Soll-Zinsen (Kreditzinsen) an. Bereits die Geldbereitstellung ist mit Zinskosten verbunden. 5. Einen Teil dieser Sollzinsen können/müssen die Banken für die Sicherung dieses Geschäftes in Form der Habenzinsen (Einlagezinsen) verwenden. 6. Sparen bedeutet in diesem System Austausch von Giralgeld gegen Geldvermögen und damit letztlich Geldvernichtung, so dass die Kreditvergabe immer mit einer Neuschaffung von Geld verbunden ist. Der Kredit ist also keine Weitergabe des gesparten Geldes. 7. Die Banken zahlen für Spareinlagen Zinsen, weil sie durch die Konkurrenz von Darlehensvermittlern (10) vor allem aber durch die Konkurrenz der Finanzmärkten, dazu gezwungen werden. Die Finanzmärkte bringen dabei die Konkurrenz zwischen Fremdfinanzierung und Eigenfinanzierung von Unternehmen ins Spiel. 8. Leisten können sich die Banken dabei die Finanzierung der Zinsen nicht zuletzt deshalb, weil in ihren Händen mit der Fähigkeit der Kreditschöpfung auch die Fähigkeit der Bereitstellung von Geld liegt, bei der bereits Zinserträge anfallen. Wohl herrscht unter den Geschäftsbanken
Wettbewerb, der aber zufolge dieser Gegebenheit nicht zwingend hin zu Null-Habenzinsen
tendiert. Es darf hier nämlich der Verdacht geäußert werden,
dass die Banken auch deshalb Zinsen auf Einlagen zahlen, nicht weil sie
es nicht besser wüssten, sondern weil sie nicht Feinde ihrer Geschäfte
sind. Sie müssen die Mär aufrecht erhalten, der zufolge das Sparen
die Voraussetzung für die Vergabe von Krediten ist – und damit für
Investitionen in den wirtschaftlichen Fortschritt. Sie können ja nicht
zugeben – sofern sie es überhaupt wissen -, dass sie die Kredite aus
dem Nichts schöpfen und dafür keine Habenzinsen zahlen müssen.
Die Zentralbank: Ein Ort des Glaubensbekenntnisses Aus all dem sollte ersichtlich werden, dass die Zentralbank die Möglichkeit der Steuerung des Geldwesens, die man glaubt, bei ihr finden zu können, real nicht hat. Es ist dies vielmehr ein Glaube. Und dieser Glaube – und nicht die realen Strukturen sind es, die der Zentralbank einen Einfluss verschaffen. Nicht die rationale Erklärung von Zusammenhängen zeichnen einen Zentralbankchef aus, sondern die gleichsam priesterliche Verbreitung von Glauben und Vertrauen. Insbesondere die US-amerikanischen Zentralbank, die Federal Reserve, repräsentiert durch die Persönlichkeit eines Alan Greenspan, hat hier großen psychologischen Einfluss. Seine Bemerkungen dienen in einer Welt der Gläubigkeit als Ansage, nach der sich der Boulk der Geldspekulanten deshalb ausrichtet, weil alle glaube, dass sich fast alle danach ausrichten – was sich dann in Form der Self-fullfilling prophecy auch als zutreffend herausstellt. Die strukturelle Steuerungsmöglichkeit aber fehlt der Zentralbank. Geld wird ja nicht von dieser, sondern von den Geschäftsbanken bereitgestellt. Diese Bereitstellung aber hängt ganz wesentlich von der Verschuldungsbereitschaft der Unternehmen, des Staates und der Haushalte abhängt. Geht man davon aus, dass sich der Staat derzeit nicht weiter verschuldet, bleiben derzeit Unternehmen und den Haushalten über, für eine wachsende Geldmenge zu sorgen. Bei geringer Bereitschaft der Betriebe für Netto-Realinvestitionen bzw. bei geringer Neigung der Haushalte, sich im Saldo für den Konsum zu verschulden, hängt diese zusätzliche Geldmenge von der Bereitschaft der Unternehmen und Haushalte ab, Netto-Investitionen in die Finanzmärkte zu tätigen. All das aber läuft fern von der Zentralbank ab. Der Zentralbank ist damit ein Einfluss sowohl auf die Geldmenge wie auch auf die Zinsen nur so lange möglich, wie das Allerheiligste, die Wandlung, gleichsam wie in der orthodoxen Kirche hinter einer Ikonosthase vor sich geht. Mit einer demokratischen Kontrolle müsste dieser Glaube zu Bruch gehe. Die realen Möglichkeiten für eine straffe Steuerung des ganzen Bankensystems fehlen der Zentralbank jedoch. So ist sie heute gehalten, auch die Geschäftsbanken bei der Aufrechterhaltung ihrer Mär zu unterstützen. [siehe unten] .....
Anmerkungen
Auszüge
aus: "ATTAC und die demokratische Kontrolle der strukturellen Ohnmacht
der Zentralbank" von Ernst Dorfner
http://www.dieterb.de/newmoney/texte/Dorfner_strukturelle_Ohnmacht_der_ZB_neu.html
We are completely dependent on the commercial banks. Someone has to borrow every dollar we have in circulation, cash or credit. If the banks create ample synthetic money, we are prosperous; if not, we starve. We are absolutely without a permanent money system. When one gets a complete grasp of the picture, the tragic absurdity of our hopeless position is almost incredible, but there it is. It is the most important subject intelligent persons can investigate and reflect upon. It is so important that our present civilization may collapse unless it becomes widely understood and the defects remedied soon." -- Robert H. Hemphill, Credit Manager of the Federal Reserve Bank, Atlanta, GA http://home.columbus.rr.com/rossl/gold.htm Übersetzung: Wir sind völlig abhängig von den Geschäftsbanken. Jeder Dollar der umläuft, sei es als Bargeld oder Buchgeld, muss von jemandem geborgt sein. Wenn die Banken reichlich Geld aus dem Nichts erzeugen, geht es uns gut, wenn nicht, verhungern wir. Es gibt nicht so etwas wie ein dauerhaftes Geldsystem. Wenn man das erst einmal wirklich verstanden hat, erscheint das Absurde dieser hoffnungslosen Situation fast unglaublich, aber so ist es. Es ist wohl der wichtigste Sachverhalt, über den intelligente Menschen sich jetzt klar werden und nachdenken müssen. Es ist so wichtig, dass ein Zusammenbruch unserer gegenwärtigen Zivilisation auf dem Spiel steht, wenn es nicht allgemein verstanden wird und die Fehler rasch korrigiert werden. Robert H.Hemphill, Credit Manager der Federal Reserve Bank, Atlanta, GA
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