Der Text trifft meiner Meinung nach nicht ganz den Kern und ist zeitlich und geographisch zu stark begrenzt. Auch der monetäre Aspekt wird lediglich angeschnitten. Nichtsdestotrotz finden sich ein paar interessante Beschreibungen.


Mit Moneten und Kanonen

Innovation durch Feuerwaffen, Expansion durch Krieg: Ein Blick in die Urgeschichte der abstrakten Arbeit. Von Robert Kurz

[gekürzte Wiedergabe]

Hartnäckig hält sich das aufklärerische Gerücht, das Waren produzierende System der Moderne habe seinen Ursprung in einem »Prozess der Zivilisation« (Norbert Elias), es sei im Gegensatz zur Totschlägerkultur des so genannten Mittelalters ein Produkt friedlichen Handels und Wandels, bürgerlichen Fleißes, wissenschaftlicher Neugierde, wohlfahrtssteigernder Erfindungen und wagemutiger Entdeckungen gewesen. Und als Träger all dieser schönen Dinge könne das moderne »autonome Subjekt« gelten, das sich aus ständisch-agrarischen Bindungen zur »Freiheit des Individuums« emanzipiert habe. Nur zu dumm, dass die aus einer solch geballten Ladung von schieren Tugenden und Fortschritten hervorgegangene Produktionsweise von Massenarmut und globaler Verelendung, Weltkriegen, Weltkrisen und Weltzerstörung gekennzeichnet ist.

Die wirklichen destruktiven und mörderischen Resultate der Modernisierung verweisen auf einen anderen Anfang als den offiziellen aus der ideologischen Kinderfibel. Seitdem Max Weber auf den geistigen Zusammenhang von Protestantismus und Kapitalismus hingewiesen hat, ist die Urgeschichte der Moderne erst sehr grob und keineswegs kritisch klassifiziert worden.

Mit einer gewissen »bürgerlichen Schläue« hat man die Motive und Entwicklungen, von denen die moderne Welt hervorgebracht wurde, weitgehend ausgeblendet, um die Morgenröte der bürgerlichen Freiheit und der Entfesselung des Waren produzierenden Systems in falscher Reinheit erstrahlen zu lassen.

Es gibt allerdings einen zum offiziellen Geschichtsbild konträren historischen Ansatz, der erkennen lässt, dass die wirklichen Ursprünge des Kapitalismus in der frühen Neuzeit keineswegs einer friedlichen Ausdehnung der Märkte geschuldet, sondern wesentlich kriegsökonomischer Natur waren.
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Allerdings befanden sich die »Feuerrohre« nicht mehr in den Händen von Außenseitern. Denn sobald sich die Möglichkeiten der neuen Waffentechnik abzeichneten, gab es kein Halten mehr. Aus Furcht, ins Hintertreffen zu geraten, rissen sich die großen und kleinen Herrscher um die explosiven Wunderwaffen. [.....] Besonders in den oberitalienischen Städten der Renaissance mit ihrer relativ fortgeschrittenen handwerklichen Kunstfertigkeit schritt auch die Technologie der Feuerwaffen rascher als anderswo voran. Alle Leistungen und Entdeckungen in dieser Geburtsepoche der modernen Welt wurden überlagert von der Kunst, Kanonen zu bauen und einzusetzen.
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Immer bessere Gewehre wurden gebaut und vor allem immer größere Kanonen, die immer weiter schießen konnten. Die größten Feldgeschütze bekamen sogar Eigennamen. Im Gegenzug entwickelte sich die Technik des Festungsbaus. So war der erste Schub der Modernisierung identisch mit einem Rüstungswettlauf und dieser Vorgang hat sich bis heute geradezu als Wesensmerkmal der Moderne periodisch wiederholt. Je größer und technologisch ausgereifter aber die Kanonen und Bollwerke wurden, desto deutlicher trat auch der gesellschaftsverändernde Charakter der »militärischen Revolution« zutage.
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Es stellte sich sehr schnell heraus, dass die Innovation der Feuerwaffen keineswegs bloß auf eine Veränderung der militärischen Technologie beschränkt blieb.
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Die herausgelöste Militärmaschine

Der entscheidende Unterschied liegt im Problem der Ausrüstung. Der vormoderne Krieger brachte seine Waffen mit und trug sie auch im Alltag oder bewahrte sie zu Hause auf. Helm, Schild und Schwert konnten nahezu in jeder Dorfschmiede produziert werden. Und jeder Hirtenjunge wusste, wie man Pfeil und Bogen oder eine Schleuder herstellt. Auch die gesamte Logistik der Kriegführung konnte dezentral organisiert werden. Dies entsprach ganz den weitgehend dezentralen Verhältnissen in einer agrarischen Hochkultur. Die Zentralgewalt, selbst die despotische, war hier immer nur begrenzt wirksam, und ihr Arm reichte kaum in das alltägliche Leben hinein.
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Karl Georg Zinn zieht in dieser Hinsicht einen für die Moderne wenig schmeichelhaften Vergleich: »Gemessen an der waffentechnischen Entwicklung vom 14. Jahrhundert an stellte das Mittelalter (...) eine relativ schwächliche Militärmacht bereit. Krieg und Rüstung belasteten die Gesellschaft im Mittelalter weitaus weniger als in der Neuzeit. Der Anteil des landwirtschaftlichen Mehrprodukts, der für die Vernichtungszwecke verbraucht wurde, blieb während des Mittelalters relativ gering, sonst hätten weder die für den agrartechnischen Fortschritt notwendigen Investitionen erfolgen können noch wären so viele Kathedralen, neue Städte und Stadtbefestigungen errichtet worden. Vor allem sticht aber beim Vergleich von Mittelalter und Neuzeit die grundlegend verschiedene Qualität des technischen Fortschritts hervor: landwirtschaftliche Neuerungen im Mittelalter und städtische Rüstungs- und Luxustechnik bei Vernachlässigung der Landwirtschaft in der Neuzeit.« (Zinn 1989, 58)

»Madama la bombarda« [gemeint ist die Kanone als Waffe] verschlang aber nicht nur einen unverhältnismäßig großen Teil des gesellschaftlichen Produkts, sondern sie gab auch der bis dahin sehr begrenzten Geldwirtschaft den entscheidenden Schub. Vermittels der steigenden landwirtschaftlichen und handwerklichen Produktivität allein wäre dieser Durchbruch des Geldes zur beherrschenden anonymen Macht niemals möglich gewesen. Über die Jahrtausende hinweg hat es zwar immer wieder technische Neuerungen gegeben. Aber in der Regel zogen es die Menschen vor, den Produktivitätsgewinn für Mußezeit und sinnliches Wohlleben statt für die Akkumulation von Geldkapital zu verwenden. Eine derart verrückte Form der Entwicklung von Produktivkräften konnte nur zwangsweise von außen durchgesetzt werden. Und die aus der Gesellschaft herausgelöste neue Rüstungs- und Militärmaschine bot die besten Voraussetzungen dafür.

Weil die Produktion der Feuerwaffen nicht mehr dezentral im Rahmen der agrarischen Haus- und Naturalwirtschaft zu betreiben war, musste sie gesellschaftlich konzentriert werden. Dasselbe galt für die stehenden Heere und Militärapparate, deren Angehörige nunmehr hauptberufliche Killer waren und sich aus keiner eigenen hauswirtschaftlichen Produktion mehr ernähren konnten. Das einzig mögliche Medium für die Reproduktion der herausgelösten Militärmaschine war das Geld. Der Abstraktion des Feuerwaffen-Apparats von den materiellen gesellschaftlichen Bedürfnissen entsprach die Abstraktionsform Geld als adäquates Medium. Die permanente Rüstungsökonomie der Kanonen und strukturell verselbständigten Großarmeen wurde also gesellschaftlich in eine entsprechende Ausdehnung der Geldvermittlung übersetzt. Sie speiste sich zwar aus verschiedenen Quellen, die aber allesamt den Konsequenzen der »militärischen Revolution« entsprangen.

Kriegsfinanziers, Condottieri und Landsknechte

Die frühmodernen Söldnerführer (Condottieri) ebenso wie ihre Untergebenen, die einfachen Kanoniere und Musketiere, waren die ersten ganz aus der agrarischen naturalen Reproduktion freigesetzten und also bindungslos gewordenen Subjekte. Damit bildete ihre Daseinsform den Prototyp der Subjektform überhaupt, die erst in der Moderne als Abstraktion der Tätigkeit von den Bedürfnissen zum allgemeinen gesellschaftlichen Prinzip werden sollte.

In den Analysen des Kulturhistorikers Rudolf zur Lippe wird deutlich, wie sich die neuen blutigen »Handwerker des Todes« in die Urformen der modernen Lohnarbeit und ihres Managements verwandelten: »Die Planung von Kriegshandlungen (...) war bereits unter dem Primat von Gewinnkalkulation gebändigt. Ritterliche Ehrenvorstellungen und standesgemäßes Draufgängertum waren dafür nicht gefragt. (...) Der nicht funktionalisierte Rest feudaler Haltung, das heißt unmittelbarer Bezüge auf Personen und Sachen, für die man kämpfte, verschwand von einer Generation 'letzter Ritter' zur nächsten immer mehr. (...) Tatsächlich hatte die Masse der Krieger sich in Soldaten, das heißt Soldempfänger, verwandelt und die Führer wurden aus den Kassen der Staaten und Kontore bezahlt. Die erste technische Erfindung, die von einschneidender praktischer Bedeutung war, wurde auf dem Gebiet eingeführt, in dem längst so etwas wie abstrakte Arbeit, beliebig auswechselbare Lohnempfänger existierten: Die Kanone entsprach technisch dem Ziel von Kriegen, in denen es um etwas so vergleichsweise Abstraktes wie die Akkumulationschancen des Handelskapitals ging. (...) Da die Anzahl von Landsknechten in einer Streitmacht nur noch repräsentierte, wie viele der Auftraggeber bezahlen konnte, war die abstrakte Zusammenfassung von Schlagkraft in der Vernichtungsmaschine Kanone die logische Konsequenz.« (zur Lippe 1988, 37)
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In Wahrheit konnte das abstrakte Akkumulationsinteresse und damit das freie Unternehmertum der modernen Geldwirtschaft gar nicht unmittelbar aus den mittelalterlichen städtischen Kaufleuten und Handwerkern hervorgehen. Denn diese Gruppen in den Nischen der Agrargesellschaft blieben durch Gilden und Zünfte in ein borniertes System wechselseitiger Verpflichtungen und Traditionen eingebunden. Die entsprechenden Märkte waren nicht durch freie Konkurrenz gekennzeichnet, ebenso wenig durch eine abstrakte Akkumulationslogik. Erst in dem Maße, wie Clans von Kaufleuten - z.B. die berüchtigten Fugger - zu Kriegsfinanziers der Feuerwaffen-Herrschaft aufstiegen, wurde das Interesse auf schiere Geldakkumulation umgeschaltet. Als Gläubiger der Fürsten waren diese Finanziers an einer möglichst exorbitanten, zu versilbernden Kriegsbeute interessiert. Dieses von allen gesellschaftlichen Bindungen losgelöste abstrakte Gewinnkalkül wiederholte sich bei den Söldnerführern. Die abstrakte Rationalität der modernen Betriebswirtschaft kam aus den Gewehrläufen und Kanonenrohren von berufsmäßigen Mordbrennern, nicht aus dem Interesse an gesellschaftlicher Wohlfahrt.

Die Betätigung der Musketen und Kanonen war gewissermaßen die Frühform der »abstrakten Arbeit«. Vor diesem Ausdruck stutzen noch heute die meisten Menschen, obwohl nicht schwer zu begreifen ist, was er sagen will. »Abstrakte Arbeit« ist eine Tätigkeit, die gegen Geld verrichtet wird und bei der das Geldinteresse entscheidend, also der Inhalt relativ gleichgültig geworden ist.

Monetarisierung der Gesellschaft

Kriegsbeute und Verschuldung bei den handelskapitalistischen Kriegsfinanziers waren aber unzureichend, um die Militärmaschine am Laufen zu halten. In demselben Maße, wie diese Maschine gefüttert werden musste, wurde die gesamte gesellschaftliche Reproduktion für diesen Zweck abgeschöpft und eben deshalb gleichzeitig der Geldform unterworfen. Zunächst hieß das, die bisherigen naturalen Abgaben zu monetarisieren. War die naturalwirtschaftliche Steuer noch an den realen agrarischen Ertrag gebunden, so abstrahierte die Geldsteuer völlig von den natürlichen Bedingungen und übertrug damit die Logik des militärischen Apparats auf den lebensweltlichen Alltag.

Der unersättliche Geldhunger der Feuerwaffen-Herrschaft wurde zum bestimmenden Moment. Nach neueren Berechnungen stieg die steuerliche Belastung zwischen dem 15. und dem 18. Jahrhundert um nicht weniger als 2 200 Prozent. Dass dieses Aufzwingen der Geldform die Menschen demoralisierte, geht aus zahlreichen Zeugnissen hervor.

Noch Rousseau erzählt in seinen autobiographischen »Bekenntnissen«, wie er in seiner Jugend auf der Vaga-bondage durch Europa die Leiden der ausgepowerten Landbevölkerung kennen lernte: »Nach mehreren Stunden (...) trat ich, müde und vor Hunger und Durst fast sterbend, bei einem Bauern ein. (...) Ich bat den Bauern, mir ein Mittagessen gegen Bezahlung zu geben. Er bot mir abgerahmte Milch und grobes Gerstenbrot an und sagte mir, das sei alles, was er habe. (...) Der Bauer, der mich ausfragte, schloss aus meinem Appetit auf die Wahrheit meiner Angaben. Nachdem er erklärt hatte, er sehe wohl, dass ich ein guter, ehrlicher junger Mann sei und nicht gekommen, um ihn zu betrügen, öffnete er eine kleine Falltür neben seiner Küche, stieg hinab und kam einen Augenblick danach mit einem (...) sehr einladenden Schinken und einer Flasche Wein zurück. (...) Dazu fügte er noch einen ziemlich dicken Eierkuchen. (...) Als es zum Bezahlen kam, erfasste ihn seine Unruhe und seine Furcht wieder, er wollte kein Geld, sondern wies es mit außerordentlicher Verlegenheit zurück, (...) und ich konnte mir nicht denken, wovor er sich fürchtete. Endlich stieß er schaudernd die schrecklichen Worte: 'Kommissar' und 'Kellerratten' hervor. Er gab mir zu verstehen, dass er seinen Wein wegen der Beamten, sein Brot wegen der Steuer verstecke und dass er ein verlorener Mann sei, wenn man den Verdacht hege, dass er nicht Hungers sterbe. (...) Ich verließ sein Haus, so entrüstet wie gerührt, und beklagte das Los dieser schönen Gegenden, an die die Natur ihre Gaben verschwendet hat, um sie zur Beute der barbarischen Steuerpächter zu machen.«

Diese Steuerpächter bildeten nach den Kriegsfinanziers und Condottieri einen weiteren Prototypen des freien Unternehmertums, indem sie dem Staat gegen eine Pauschale das Recht zur Eintreibung des Geldes abkauften. Und wer nicht bezahlen konnte, dem wurde vom Gerichtsvollzieher notfalls die letzte Kuh oder das Handwerkszeug konfisziert, um daraus Geld zu machen.

Aber auch die Verwandlung der Naturalleistungen in Geldsteuern und deren exorbitante Erhöhung konnte den Geldhunger der Kriegsmaschinen nicht befriedigen. Die Militärdespotien der Modernisierung gingen dazu über, eigene Produktionsunternehmen außerhalb der Gilden und Zünfte zu gründen, deren Zweck nicht mehr Bedürfnisbefriedigung, sondern einzig und allein Geldbeschaffung war. Diese staatlichen Manufakturen und Plantagen produzierten erstmals für einen großräumigen anonymen Markt, der schließlich zur Voraussetzung der freien Konkurrenz werden sollte. Und weil sich niemand freiwillig für die billige Lohnarbeit hergab, setzte man Sträflinge, gefangen gehaltene Geisteskranke und in der Peripherie auch Sklaven ein. Es wurden sogar eigens Delikte erfunden, um massenhaft Zwangsarbeiter zu bekommen. Die Herren Direktoren der neuen Zucht- und Arbeitshäuser für den im Zuge der gesellschaftlichen Zwangsmonetarisierung entstehenden freien Markt vervollständigte die illustre Gesellschaft von Prototypen des freien Unternehmertums.

Krieg zur Staatsbildung

Die Condottieri, die sich und ihre Privatarmeen an den meistbietenden Stadt- oder Landesherrn verkauften, waren eine Übergangserscheinung. Bald nahmen die zunächst nur als Auftraggeber in Erscheinung tretenden fürstlichen Administrationen die Sache selbst in die Hand. Was später zum Entwicklungsgesetz der modernen Ökonomie werden sollte, setzte sich zuerst auf der Ebene der mit Feuerwaffen Krieg führenden Mächte durch; die großen Fische fraßen die kleinen.
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Die Geschichte bestand nun aus einer immer rascheren Folge von militärischen Konflikten. Geoffrey Parker zufolge ist die Neuzeit sowohl hinsichtlich der Häufigkeit als auch der Dauer und des Ausmaßes der Kriege die am wenigsten friedliche in der gesamten Menschheitsgeschichte. Diese Verdichtung des Krieges und die Militarisierung der Ökonomie gingen notwendigerweise mit einer Zentralisierung der Gesellschaft einher. Nicht nur äußerlich, also im zwischenstaatlichen Bereich, fraßen die großen Fische die kleinen. Auch im Inneren der von der Kanone definierten Staatsgebilde wurde die Herrschaft neu formiert. Bis zum 16. Jahrhundert hatte es keine organisierte Verwaltung von oben nach unten gegeben. Die Leute mussten Abgaben leisten in Form von Naturalien oder Arbeitsdiensten, ansonsten blieben sie in ihrem Alltag sich selbst überlassen. Die meisten Angelegenheiten wurden von ebenso beschränkten wie autonomen Institutionen geregelt. Es existierten sogar große Regionen mit freien Bauern und Handwerkern, die selbständig bewaffnet waren und gar keinen Feudalismus kannten; der repressive Charakter der Strukturen bestand hier vor allem in der Enge der blutsverwandtschaftlichen Verhältnisse.

Modernisierung hieß zunächst nichts anderes, als diese Formen einer »bornierten Autonomie« von oben und außen gewaltsam zu zerstören, um die Menschen den Erfordernissen jener »politischen Ökonomie der Feuerwaffen« zu unterwerfen, also der monetären Besteuerung, und sie schließlich in direkte Verausgabungseinheiten von abstrakter Arbeit zwecks Geldvermehrung zu verwandeln. Von den Bauernkriegen des 15. und 16. Jahrhunderts bis zu den »Maschinenstürmern« des frühen 19. Jahrhunderts wehrten sich die unabhängigen Produzenten in verzweifelten Aufständen gegen ihre Zurichtung zum Funktionsmaterial der Kriegsmaschine und ihrer abstrakten Geldökonomie. Dieser Widerstand wurde blutig erstickt. Die auf der Basis der Feuerwaffen-Innovation entstandenen absolutistischen Staatsapparate setzten ihre Imperative gewaltsam durch.

Die herausgelöste Ökonomie

Hinter dem allgegenwärtigen modernen Zwang zum Geldverdienen steht letztlich die Logik der donnernden Kanone. Die davon ausgelöste Dynamik gesellschaftlicher Veränderungen begann im 18. Jahrhundert, ihre Väter zu fressen. Das System der »politischen Ökonomie« eines aus der Gesellschaft herausgelösten, nur noch mittels abstrakter Arbeit zu betreibenden Rüstungs- und Militärapparats verselbständigte sich von seinem ursprünglichen Zweck. Aus dem Geldhunger der frühmodernen Militärdespotien wurde das Prinzip der »Verwertung des Werts«, das seit dem frühen 19. Jahrhundert als Kapitalismus firmierte. Die starre Hülle des staatlich-militärischen Dirigismus wurde nur gesprengt, um die nunmehr verselbständigte Geldmaschine als puren Selbstzweck einer aus allen sozialen und kulturellen Bindungen »herausgelösten Ökonomie« (Karl Polanyi) weiterlaufen zu lassen und der anonymen Konkurrenz freie Bahn zu geben.

Dieser totalen Konkurrenz sind bis in ihren Begriffsapparat hinein die Kainsmale ihrer Abkunft aus dem totalen Krieg ins Gesicht geschrieben. Nicht umsonst hat Thomas Hobbes als Begründer der modernen liberalen Staatstheorie den »Krieg aller gegen alle« als den menschlichen Naturzustand bezeichnet. Es waren die Protagonisten der so genannten Aufklärung, die im 18. Jahrhundert die Imperative der »herausgelösten Ökonomie« in eine abstrakte philosophische Ontologie des »autonomen Subjekts« übersetzten, das doch immer schon als ein von der totalitären Wertform vordefiniertes gesetzt ist. Der Sozialismus andererseits machte sich nur die Staatsmetaphysik als den anderen Pol derselben bürgerlichen Ontologie zu Eigen und damit die kriegsökonomischen Ursprünge der modernen Welt. Nicht umsonst hat der Arbeiterbewegungsmarxismus ganz unbefangen und positiv von den »Armeen der Arbeit« gesprochen.

Für die heutigen Weltmarktdemokratien ist der »herausgelöste« Selbstzweck von Wertverwertung und abstrakter Arbeit als eine längst verinnerlichte Zumutung vollends selbstverständlich geworden. Sie haben nicht nur die Monetarisierung aller Lebensbereiche, sondern auch die dazugehörige bürokratische Menschenverwaltung auf die Spitze getrieben. Alle Rechte und Freiheiten, alle angebliche Selbstbestimmung und Eigenverantwortung, alle Politik und alle Parteiprogramme sind immer schon auf dieses stumme Apriori bezogen.
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Vollständiger Text und Quelle: http://www.asta.uni-konstanz.de/spielregeln3/vortrag2/kapitalismus2.html
 


Weiterführende Texte findet ihr hier: 

"Macht, der Staat und die Institution des Eigentums"

Viel zu Lesen, aber ihr solltet euch -falls noch nicht geschehen- unbedingt die Zeit  nehmen!

und HIER:
Heute ist alles anders ?!

Unterpunkte: Das Mittelalter | John Law (1671-1729) und sein Papiergeld | Der Zinnß