CIA-Putsch in Venezuela gescheitert ? (Teil 1, 19.4.)
 

Während ich die ausgedruckten Quellen für diesen Text zusammensuche, zeigt CNN Bilder, die sehr an den 11. September erinnern. Denn wir sehen Russpuren an Stockwerken eines Hochhauses in Mailand, in das ein Flugzeug krachte. Natürlich hat jede/r sofort entsprechende Assoziationen, wobei selbstverständlich auch ein Unfall passiert sein kann. Umso mehr, als dass CNN im nächsten Beitrag News über Flug 93 bringt, der 9-11 in ein Feld in Pennsylvania krachte.

Aber wenden wir uns nun dem Putsch in Venezuela zu, der Präsident Hugo Chavez für ein paar Tage aus seinem Amt entfernte. William Blum, der Autor von Büchern wie "Killing Hope: US Military and CIA Interventions Since World War II" und "Rogue State: A Guide to the World's Only Superpower" hat sich genug mit verdeckter amerikanischer Außenpolitik befasst, um die Dinge recht nüchtern zu betrachten. Er fragt ironisch, wie wir wissen können, ob die CIA dahintersteckt, und fragt dann, wie wir annehmen können, dass die Sonne am Morgen aufgeht.

Denn sowas wird immer gemacht und es gibt keinerlei Grund zu vermuten, dass morgen alles ganz anders sein wird. Ein passender Vergleich, denn daran dachte ich auch angesichts dessen, dass in der Diskussion über die CIA seit 9-11 so getan wird, als handle es sich um einen Haufen Chorknaben, die ganz und gar unfähig sind zu derlei schmutzigen Spielereien. Warum sollten Chile, Guatemala, Iran, Irak, Portugal, Griechenland etc. Beispiele aus der Vergangenheit sein ohne Gegenstücke in der Gegenwart? Blum zählt dann nüchtern die "Verbrechen" von Präsident Chavez auf: er kritisierte den Krieg in Afghanistan und forderte ein Ende des Niedermetzelns Unschuldiger. Er pflegt gute Beziehungen zu Kuba und dessen Staatschef Fidel Castro. Der Verteidigungsminister forderte die USA auf, die militärische Präsenz in Venezuela zu beenden. 

Chavez verweigerte den Überflug von amerikanischen Antidrogenflügen und ebenso Auskünfte über die arabischen Gemeinschaften im Land. Er stellte die Segnungen der Globalisierung in Frage und trat für eine regionale Freihandelszone in Lateinamerika ein, wobei er auch Ölförderungen bündeln wollte gegen die wirtschaftliche Dominanz der USA. Und er hat Kontakte zu Saddam Hussein und Muammar Gaddafi "und noch mehr von der Art", was die "Aristokratie Washingtons" von der "dienenden Klasse" nicht gewöhnt ist. Die USA haben einige Regierungen für weit weniger gestürzt, stellt der Experte trocken fest. 

Er zitiert aus der "Washington Post" vom 13. April, wonach sich Mitglieder zahlreicher Oppositionsgruppen innerhalb der letzten Wochen in der amerikanischen Botschaft eingefunden hatten. Sie wollten US-Hilfe beim Sturz der Regierung Chavez, wobei sich unter ihnen aktive und ehemalige Militärs, Politiker und Medienleute befanden. Sie stellten eine Menge "Was wäre, wenn...."-Fragen, um abzuchecken, wie sich die USA verhalten würden, ob sie wohl zur Seite sehen, wenn geputscht wird. Angeblich sagten die US-Vertreter zu jedem der angebotenen Szenarios nein, denn Putsche werden ja überhaupt nicht unterstützt. 

Man benennt derlei einfach um in "Regierungswechsel" und behauptet, es handle sich dabei um den Wunsch des jeweiligen Volkes, also reinste Basisdemokratie. Zufälligerweise wurden in den letzten Monaten Oppositionspolitiker nach Washington gebracht, wobei zumindest eine Delegation vom "International Republican Institute" gesponsert wurde. Dieses wiederum ist integraler Bestandteil des seit der Reagan-Ära bestehenden "National Endowment for Democracy", welches für CIA covert operations im Ausland verwendet wird (darunter ist zu verstehen, was als scheinbar unabhängiges Engagement für Menschenrechte und Demokratie auftaucht). Blum schliesst sarkastisch damit, dass die einzige Möglichkeit KEINER CIA-Beteiligung am Putsch darin bestehen könnte, dass die Agency heimlich aufgelöst worden ist.

Gregory Wilpert beschreibt im CounterPunch seine Eindrücke vom Putsch als Augenzeuge. Eingangs stellt er die offizielle Version dar, die in Medien verbreitet wurde: Hugo Chavez war ein faschistischer kommunistischer Diktator, der die Wahrheit nicht ertragen konnte und deshalb gnadenlose Zensur ausübte. Für seinen persönlichen Profit und jenen seiner Henkersknechte in der Regierung (darunter mehr Henkerinnen als je zuvor in einer Regierung) brachte er das Land an den Rand des wirtschaftlichen Ruins. Es war dann einfach notwendig, dass die Zivilgesellschaft des Landes entschied, dass es genug ist, und daran ging, Demokratie, Rechtsstaat, Freiheit und Wachstum wiederherzustellen. 

Das Militär selbst nannte als Hauptgrund für den Putsch vom 11. April Massenproteste der "Zivilgesellschaft", die eine Demo von 100.000 bis 200.000 Menschen organisierte, die zum Sitz der venezolanischen Ölgesellschaft PDVSA marschierten. Immerhin sendeten die privaten Fernsehstationen alle zehn Minuten Aufrufe für die Demonstration. Die Kundgebung war friedlich und wurde von der Regierung in keiner Weise behindert, obwohl illegalerweise die Hauptverkehrsader von Caracas blockiert worden ist. Angeblich spontan wurde dann beschlossen, zur Pro-Chavez-Demo zu ziehen, zu der sich 5000 Menschen vorm Regierungssitz versammelt hatten. 

Dazwischen war, wie überall auf der Welt in solchen Situationen, die Polizei unter der Kontrolle des oppositionellen Bürgermeisters der Stadt (und auch die Nationalgarde, die dem Präsidenten unterstellt ist). Beide Seiten meinten, sie wollten friedlich demonstrieren und nicht provozieren. Wilpert wurde dann Augenzeuge, als Steine von der Oppositionsdemo flogen, die mit Tränengas beantwortet wurden. Wer angefangen hatte, war wie meist nicht festzustellen. Später dann fielen Schüsse, und da sah Wilpert klar, dass drei Seiten beteiligt waren: die Stadtpolizei, Unterstützer von Chavez und Heckenschützen, die in Gebäuden postiert waren. Mindestens 10 Personen wurden getötet und beinahe 100 verwundet, die meisten davon Demonstranten. 

Einem Sender gelang es, aus der Perspektive einer der drei schiessenden Parteien zu filmen und so den Eindruck zu erwecken, als gehe die Gewalt von Seiten Chavez' Unterstützern aus. Diese Bilder wurden natürlich immer wieder gesendet, obwohl die meisten Toten zu Chavez gehörten. Ebenfalls verschwiegen wird, dass die Heckenschützen Mitglieder der extremen Oppositionspartei Bandera Roja sind. Wilpert rechnet nicht damit, dass lokale Medien dies berichten und vermutet, dass auch internationale Medien einfach nachäffen werden, was lokal geschrieben wird. Chavez machte dann, so Wilpert, den grössten und vielleicht einzigen Fehler an jenem Tag, die privaten Sender auszuschalten, und zwar im Namen der öffentlichen Sicherheit wegen der übertriebenen Berichte. 

Nun konnte die "Zivilgesellschaft" gemeinsam mit Medien und Militär behaupten, Chavez habe sich gegen sein eigenes Volk gewendet. Mit dieser Lüge wird auch vergessen gemacht, welche Errungenschaften die Regierung Chavez gebracht hat: eine neue demokratische Verfassung, die das Monopol der beiden grossen und hoffnungslos korrupten Parteien gebrochen hat, eine fundamentale Landreform, fortschrittliche Umweltprojekte, Kampf gegen Korruption, eine Schulreform, die mehr als einer Million Kindern zugute kam und eine Verdoppelung der Ausgaben für Bildung, eine Regulierung der informellen Wirtschaft zum Wohle der Armen, einen fairen Ölpreis über die OPEC, was die Staatseinnahmen deutlich ansteigen liess, und auf der internationalen Ebene einen unermüdlichen Kampf gegen den Neoliberalismus. 

Die Arbeitslosenrate sank von 18% auf 13%; ein grossangelegtes Mikrokredit-Programm kam vor allem Frauen und Armen zugute; eine Steuerreform reduzierte die Steuerflucht dramatisch und steigerte die Staatseinnahmen; die Kindersterblichkeit wurde von 21% auf 17% reduziert, und so weiter.... Die Gegner von Chavez hatten niemals derlei Anliegen, da sie vor allem zur alten Garde des Landes in Medien, Wirtschaft, Gewerkschaften, Kirche und Militär gehören. Im Gegenteil, sie nutzte ihr mediales Monopol für die Diskreditierung des Präsidenten und dämonisierten progressive zivilgesellschaftliche Gruppen, die ihn unterstützten. 

Bereits am 15. April schrieb dann Christopher Reilly ebenfalls im CounterPunch über das seltene Ereignis eines Kurzzeitputsches. Die westlichen Medien verhielten sich so, wie Wilpert zwei Tage zuvor angenommen hatte. Eines nach dem anderen berichtete nur das, was jene Businesswelt in ihren Medien behauptete, die am Putsch beteiligt war. Selbstverständlich wurde diese Version dann auch vom Sprecher des Weissen Hauses in Washington, Ari Fleischer, übernommen. Chavez-Anhänger schossen, so Fleischer, auf unbewaffnete, friedliche Demonstranten. Militär und Polizei hingegen weigerten sich zu schiessen und ebenso, die Rolle der Regierung bei Menschenrechtsverletzungen zu unterstützen. 

Das State Department unterstrich diese Darstellung, indem es Bedauern darüber ausdrückte, dass Chavez keine Zurückhaltung übte und keinen Respekt für den friedlichen Ausdruck politischer Meinung zeigte. Freilich wurde dabei vergessen, dass auch Chavez-Anhänger starben; unter anderem wurde der Fahrer des Vizepräsidenten ins Gesicht geschossen. Dazu kommt noch, dass keineswegs sicher ist, dass Chavez seinen Kräften befahl, in die Menschenmenge zu feuern. Schliesslich sind jene, die dies berichteten, dieselben, die den Putsch unterstützten. "Sie konnten diese Geschichte leicht fabriziert haben, um der Junta Legitimation zu verleihen." 

Es sieht wirklich seltsam aus, wenn, wie Reilly aus dem britischen "Independent" zitiert, unter einem halben Dutend schiessender Männer einer ein T-Shirt der Chavez-Partei trug. Diese Männer feuerten von oben in die Menschenmenge, die gerade dem Tränengas der Polizei ausgesetzt war. Kurz danach beschuldigten 10 Offiziere der Nationalgarde und der bewaffneten Truppen Chavez, "das Vertrauen des Volkes zu verraten". Wie wunderbar doch solche T-Shirt ins Bild passen, das erzeugt werden soll, denkt sich nicht nur Reilly. Dann entfernten Militärs Chavez aus dem Amtssitz und teilten den Medien im Land und in der Welt mit, dass der Präsident zurückgetreten sei. 

Die Medien argumentierten auch, dass Chavez' Beliebtheit auf 30% gefallen sei, was seltsamerweise dann völlig aus den Schlagzeilen verschwand, als er wieder die Macht übernahm. Das US State Department drückte seine Solidarität mit dem venezolanischen Volk aus und freute sich auf die Zusammenarbeit mit allen demokratischen Kräften des Landes zur Sicherstellung demokratischer Verhältnisse. Sehr lange wird diese Freude wohl nicht angehalten haben, war es doch ausnahmsweise ein sehr kurzlebiger Putsch. Weniger glücklich waren andere Staaten Südamerikas, die den Putsch scharf verurteilten. 

Reilly bezieht sich auf Blums zu Beginn zitierten Text und meint ebenfalls, dass Chavez nahezu alle Regeln gebrochen hat, die aus Sicht der CIA für südamerikanische Staatschefs gelten. Ausserdem weiss man ja, wie CIA-unterstützte Putsche so ablaufen, gerade aus der Geschichte Südamerikas. Dazu kommt, dass Venezuela das einzige OPEC-Mitglied der westlichen Hemisphäre ist und täglich fast 1,3 Millionen Barrel Rohöl und 250.000 Barrel Ölprodukte in die USA exportiert, was 13% der Importe für den grössten Ölverbraucher der Welt ausmacht. Die Versuchung muss da für die Regierung Bush und die CIA schon recht gross gewesen sein, eine Marionette an der Spitze dieses Staates einzusetzen. Leider wird die entgültige Wahrheit erst dann ans Licht kommen, wenn entsprechende Geheimdokumente freigegeben werden, meint Reilly abschliessend....

http://www.ceiberweiber.at/wahl1/19april.htm
 
 

CIA-Putsch in Venezuela gescheitert ? (Teil 2, 22.4.)

Während kritische Berichte zu Venezuela via Web en masse abrufbar sind, herrscht an ihnen Mangel in der heimischen Presse. Besonders deutlich wird dies, wenn wir mittels Archivsuche vergleichen, was am 13. April und was genau eine Woche später geschrieben wurde. Und zwar, indem wir den "Standard" heranziehen, der nach Eigenwerbung mehr Qualität beinhalten soll als andere heimische Medien. "Venezuela in Scherben" schrieb Sandra Weiss am 13. April: "Zweifellos war Chávez nicht mehr haltbar. Der Oberstleutnant und ehemalige Putschist hatte das Land mit einer Kaserne verwechselt, die Spielregeln der Politik mit einem Kriegsschauplatz. Selbstherrlich hatte er sich hinter der Bibel, der von ihm geprägten Verfassung und dem Staatsgründer Simón Bolívar verschanzt und keine Kritik, sei sie noch so vorsichtig und konstruktiv, geduldet."

Wird Putschisten immer sofort zugejubelt in einer Zeitung, die Demokratie und Menschenrechte angeblich so sehr hochhält? In dem Stil geht es jedenfalls weiter: "Denn Chávez hatte große Hoffnungen geweckt. In all seinem linken Populismus war er das Produkt einer tiefen Frustration der 23 Millionen Venezolaner, von denen 80 Prozent in Armut leben. Sie waren enttäuscht von den unfähigen Eliten des Landes, die es trotz des immensen Ölreichtums nicht vermocht haben, der breiten Masse Wohlstand und Sicherheit zu geben. Enttäuscht von einer Demokratie, die gleichbedeutend war mit Korruption und Vetternwirtschaft. Doch nun hat wieder ein gewählter Politiker versagt, das Militär schritt ein." Das Medium legt dem Land "verantwortungsbewusste, demokratische, moderne Eliten" nahe, während Chavez und Co "wie einst die Statthalter der spanischen Kolonialherren" die ihnen anvertrauten Länder ausbeuten. 

Seltsam nur, dass "Ausbeutung" immer dann kommt, wenn in Wahrheit koloniale Ausplünderung zurückgedrängt wird. In diesem Fall durch Chavez' Politik hinsichtlich der Ölressourcen seines Landes. Wo freilich Ausbeutung stattfindet, wird sie in diversen Qualitätsmedien negiert. Am selben Tag schreibt Christoph Prantner über Pedro Carmona Estanga, "Unternehmer und Venezuelas Interimspräsident" unter der Rubrik "Kopf des Tages". Dieser Mann, dem dann kein langes Amt beschieden war, wird als "soignierter Unternehmer" bezeichnet, der "die Geschäfte als Präsident von Venezuela" übernahm. 

"Oberstleutnant Hugo Chávez musste abtreten, Pedro Carmona Estanga rief sich zum Chef der Übergangsregierung aus und forderte die politischen Parteien, die Streitkräfte und die Zivilgesellschaft auf, ihn zu unterstützen. Pluralismus, Demokratie, Recht und Ordnung, so Carmona, müssten umgehend wiederhergestellt werden. Carmona Estanga ist Eigentümer des Ölförderers Venoco und Vorsitzender des venezolanischen Arbeitgeberverbandes Fedecámaras (Federación de Cámaras de Venezuela). Der 60-jährige Geschäftsmann wird als ruhiger Zeitgenosse beschrieben, der niemals laut wird und - im Gegensatz zu seinem ruppigen Vorgänger - auch in den schwierigsten Momenten stets Contenance und Höflichkeit bewahrt." Und er "soll" gute Kontakte zu den USA haben. 

Nachdem sich dann internationale Berichte mehrten, die Schüsse auf DemonstrantInnen ins richtige Licht rückten und von einer Beteiligung der CIA am Putsch sprachen, blieb auch dem "Standard" nichts anderes übrig, als darauf ein wenig einzugehen. " Die Hinweise auf eine Verstrickung der USA in den Umsturzversuch in Venezuela verdichten sich", lesen wir am 20. April. " Als Arbeitgeberpräsident Pedro Carmona Estanga unterstützt von dissidenten Offizieren vergangene Woche vorübergehend die Präsidentschaft übernommen hatte, seien die Putschisten von einem US-Militärattaché beraten worden, hieß es im Präsidentenpalast von Caracas. Der Berater habe sich von Donnerstag, 18.30 Uhr, bis zum frühen Freitagmorgen im fünften Stock des Sitzes der Generalinspektion der Streitkräfte aufgehalten, erklärte ein anonymer Zeuge. Seine Version wurde von einem hohen Offizier bestätigt. Die US-Botschaft indes dementierte jegliche direkte Verbindung zu den Putschisten."

Na, was sollte sie auch sonst tun? Die CIA ist ein Verein von Waisenknaben und man hat sich noch nie nicht in die internen Angelegenheiten souveräner Staaten eingemischt. Der US-Botschafter habe sogar verdeutlicht, dass man "kein verfassungswidriges Regime unterstützen" werde. Selbst dann nicht, wenns mithilfe der eigenen verdeckten Aussenpolitik zustande gekommen ist?! "In den vergangenen Monaten übten Geheimdienstchef George Tenet und Außenminister Colin Powell Kritik an Chávez' Regierungsmethoden, auch Präsident George W. Bush zweifelte öffentlich an Chávez' Loyalität im Kampf gegen den Terrorismus." 

Wie nannte William Blum doch seinen in der letzten Folge zitierten Artikel? "A Servant not Knowing his Place" - schliesslich soll Chavez einer Bananenrepublik vorstehen und nicht Präsident eines souveränen Staates spielen. Im "Standard" tritt jedenfalls Christoph Prantner wieder in Erscheinung, der sich offenbar nicht mehr an seinen Lobgesang auf die Putschisten erinnern kann: "Also doch: So sehr das State Departement auch dementieren mag, die Indizien verdichten sich, dass die Vereinigten Staaten in irgendeiner Weise in die jüngsten Unruhen von Venezuela verwickelt waren. Ein Wunder, wäre dies nicht der Fall gewesen. Die Amerikaner haben immer danach getrachtet, ihren viel zitierten 'Hinterhof' in der Karibik und in Zentralamerika möglichst besenrein zu halten."

Prantner "staunt" über die "uneindeutige Haltung der USA in Sachen Hugo Chávez". Warum nur? Stört ihn, dass er schon wieder Präsident ist, fast als wenn nichts gewesen wäre? Passt ihm nicht, dass der ungehorsame Diener noch nicht kaltgestellt worden ist? Oder ist er einfach sauer, weil unvorhergesehene Wendungen in der Weltgeschichte es den gehorsamen Schreibenden schwer machen, die doch dadurch beinahe wie Wendehälse und Opportunisten aussehen, bei denen der Geldschein das Bewusstsein bestimmt? "Zunächst schrieb George Bush ihm selber die Verantwortung für seine Absetzung zu." Yep, so sieht es in solchen Fällen das Drehbuch vor, auch wenn die nötigen "Unruhen" in Anwendung der Strategie der Spannung geschürt wurden. Schliesslich braucht eine Regierung ja eine Situation, in der ihr gewaltsames Vorgehen gegen "die Zivilgesellschaft" vorgeworfen werden kann unter anderem mittels medialer Desinformation. 

"Als der Presidente wieder am Ruder war, ließ ihm sein US-Amtskollege ausrichten, er möge die Unruhen als 'ernsthafte Warnung' betrachten." Wie ist das zu verstehen? Was kommt jetzt? Wird er liquidiert wie einst Salvador Allende, Olof Palme oder Aldo Moro? "Jetzt mahnt Bush ein, Chávez solle gefälligst die demokratischen Standards in seinem Land wahren." Wie es sich wirklich verhält mit diesen Standards, entnehmen wir einem Medium, das sich als Standard guter Berichterstattung sehen will, leider aber nicht. Dafür zahlreichen internationalen Medien, aus denen wir in der nächsten Folge zitieren werden.

"Derart zurückhaltend, ja unentschlossen waren die Amerikaner in Lateinamerika schon lange nicht mehr." Was Prantner offenbar bedauert, da die Ordnung der Dinge derart ins Wanken kommt. Wo bleibt letztlich die klare Sichtweise eines "Hinterhofes", wenn den dort Lebenden nicht mehr gezeigt wird, wer vorne im Herrenhaus wohnt? "Noch in den 70er-Jahren hatten US-Außenpolitiker, im beinahe paranoiden Glauben an einen quasi infektiösen Weltkommunismus, keine Skrupel, den demokratisch gewählten chilenischen Präsidenten Salvador Allende in seinem Palast bombardieren und umkommen zu lassen." Auf die Idee, die Ermordung von Staatschefs als "umkommen lassen" zu beschönigen, dürfte noch nicht mal die CIA selbst gekommen sein, die ansonsten hinsichtlich Euphemismen recht einfallsreich ist. 

Aber wahrscheinlich meint Prantner, dass ja niemand Staatschef sein muss. Schliesslich gibt es auch andere Jobs, wo einen niemand "umkommen lässt". "In Panama, in Grenada ließen sie unbotmäßig gewordene Machthaber ebenfalls wissen, wer das Sagen hat. Warum also jetzt in Venezuela, wo die strategischen (Öl-)Interessen der USA derart groß sind, eine solche Vorsicht? Eine - vielleicht die wichtigste - Antwort mag die Rücksichtnahme auf die Antiterrorkoalition sein. Selbst die findigsten US-Außenpolitiker brächten den argumentativen Spagat nicht zustande, demokratische Tugenden des Westens in aller Welt hochzuhalten und gleichzeitig gewählte Politiker stürzen zu lassen."

Und zu Weihnachten kommt der Osterhase...seit wann hindert irgendeine "Koalition" zur Durchsetzung geostrategischer Interessen der USA ebendiese Supermacht daran, Regierung wegen der Durchsetzung geostrategischer Interessen zu destabilisieren und zu stürzen? Seit wann leben die USA nicht gut mit der Trennung zwischen heuchlerischen Bekenntnissen zu Demokratie und Menschenrechten und dem Agieren ihrer Schattenkrieger bei den Geheimdiensten, die gegen Demokratie und Menschenrechte vorgehen?

"Das erhält Venezuela einen offensichtlich unfähigen, aber demokratisch legitimierten Präsidenten." Was die vermeintliche Unfähigkeit von Chavez betrifft, so verweise ich auf die erste Folge und kündige Weiteres für die nächste an. Aber sehen wir uns diesen Satz doch nochmal an: "unfähig, aber demokratisch legitimiert" - damit drückt der Autor aus, dass ihm "fähig" nach wessen Kriterien auch immer, aber per Putsch an die Macht gekommen wesentlich lieber wäre. Sonderlich wird Wieder-Präsident Chavez übrigens nun auch wieder nicht in Ruhe gelassen, denn neu eingesetzte Militärführer stürzten bedauerlicherweise mit dem Hubschrauber ab. Was wird da noch so alles kommen?
 

http://www.ceiberweiber.at/wahl1/22april.htm
 

CIA-Putsch in Venezuela gescheitert ? (Teil 3, 29.4.)

Eines der Medien, die sich mit offiziellen Versionen nicht zufriedengeben, ist der britische Guardian, in dem Julian Borger und Alex Bellos schreiben, dass die USA haben zum Putsch in Venezuela "mit dem Kopf genickt" haben. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Regierung Bush bereits zugegeben, dass sich ihre BeamtInnen in den letzten Monaten mehrmals mit Offizieren der venezuelanischen Armee und mit Oppositionellen getroffen hatten. Ebenso gab es Gespräche mit Unternehmervertreter Pedro Carmona, der ja dann die Übergangsregierung übernehmen sollte. Anzunehmen, dass bei all diesen illustren Runden nicht über Gott und die Welt oder über das Wetter geplaudert wurde.

Wohl auch nicht bei der vom Pentagon bestätigten Unterredung zwischen Roger Pardo-Maurer, Sekretär im Verteidigungsministerium, und dem venezolanischen Generalstabschef General Lucas Romero Rincon. Dabei soll deutlich gemacht worden sein, dass die USA natürlich nur Demokratie und Menschenrechte und nicht irgendwelche Umstürze unterstützen. Warum soll dies jedoch klargestellt worden sein, wenn ja angeblich überhaupt nicht von so schmutzigen Dingen wie Putsch die Rede war? Der Sprecher des Weisses Hauses, Ari Fleischer, hat eine Argumentation parat: US-Diplomaten haben in Caracas entsprechende Gerüchte aufgeschnappt, und denen wollte man offenbar nachgehen. Es heisst jedoch auch, wiederum aus dem Pentagon, dass die Putschisten in spe keineswegs entmutigt worden sind. Man habe "informelle, subtile Zeichen"gesendet, dass man "diesen Kerl nicht leiden" könne. 

Weder "wagt es nicht" noch "wir geben euch Waffen dafür" wurde ausgesprochen. An sich reiche kleine "subtile Zeichen", einen Staatschef nicht "leiden" zu können schon aus, um entsprechende Massnahmen in Gang zu setzen. Mordaufträge werden auch nicht direkt erteilt, es genügt, dass wichtige Marionettenspieler Feststellungen in der Art machen "was, der ist immer noch da?!". Laut "Guardian" vermutet Chavez selbst, die USA seien in den Putsch involviert gewesen. Er hat auf der Gefängnisinsel, zu der er gebracht wurde, ein amerikanisches Flugzeug gesehen und meint, vielleicht sollte er damit ins Exil gebracht werden. "Kein US-Putsch" wird auch dann fraglich, wenn wir bedenken, dass sowohl Pardo-Maurer als auch Staatssekretär Otto Reich Erfahrungen in verdeckten Operationen in Sachen Contras und Nicaragua haben.

Gregory Wilpert, dessen Augenzeugenbericht vom Putsch wir in Folge eins zitiert haben, schreibt nach der Rückkehr von Chavez an die Staatsspitze, dass Venezuela keine weitere "Bananen-Öl-Republik" sei. Er analysiert, warum die Putschisten so schnell gescheitert sind. Zum einen haben ihre Führer die Unterstützung falsch eingeschätzt. Sie dachten nämlich nur daran, ihre eigenen Leute zu versorgen, und ignorierten andere Partner in der Koalition. Angeblich würden sie ja, siehe erste US-Reaktion und Medienberichte, Demokratie sicherstellen. Tatsächlich wollten sie die Verfassung von 1999 aufgeben und für ein Jahr per Dekret herrschen. 

Zum anderen unterschätzten die Putschführer die Unterstützung für Chavez in der Bevölkerung. Gerade in den "barrios" der Hauptstadt gab es jedoch als Reaktion spontane Demonstrationen. Beim Versuch, diese Proteste mit Polizeigewalt zu unterdrücken, wurden zwischen 10 und 40 Personen getötet. Durch Mundpropaganda und Information per Handy wurden binnen kurzem mehr als 100.000 Menschen mobilisiert, die sich um den Regierungspalast versammelten. Etwa zur gleichen Zeit übernahm ein zu Chavez loyales Bataillon die Kontrolle über den Palast. Diesem Protest schlossen sich dann weitere Bataillone ausserhalb von Caracas an. 

Dann verschwand wohl die Unterstützung für die Putschisten im Militär, sodass Carmona aufgab, um Blutvergiessen zu vermeiden. Ermutigte Chavez-Anhänger begannen, jene Fernsehstationen zu besetzen, welche die Proteste mit keinem Wort erwähnt hatten. Schliesslich wurde am 14. April gegen Mitternacht verlautbart, dass Chavez freigelassen und wieder regieren wird. Die Menschen waren enthusiastisch, weil sie ebenso wie Chavez nicht damit gerechnet haben, dass alles so schnell wieder vorbei sein wird. 

Gescheitert ist der Putsch auch deshalb, weil er von der extremen Rechten "gekidnappt" wurde, wie Wilpert es ausdrückt. Damit waren die Militärs wohl im wesentlichen nicht einverstanden. Zudem war sich die Bevölkerung einigermassen sicher, dass das Militär sich nicht gegen die eigenen Leute wenden wird, was sie mutig demonstrieren liess. Die Putschisten sind schliesslich Opfer ihrer eigenen Propaganda geworden, indem sie letztlich daran glaubten, dass Chavez isoliert ist. Dass Demonstrationen für ihn ebenso gross waren wie jene gegen ihn, zu denen Privatsender und Opposition aufforderten, wurde in der Berichterstattung ignoriert. Angeblich wollten diese DemonstrantInnen keine Stories und bedrohten Kameraleute, was doch eine seltsame Unterstellung ist, da üblicherweise ja Öffentlichkeit gesucht wird.

Beinahe alle Medien gehören der Oligarchie des Landes, bis auf eine neutrale Zeitung und den staatlichen Fernsehsender, der während des Putsches vom Netz genommen wurde. So wurden nur die Lügen der Putschisten über Chavez' vermeintliches Verhalten verbreitet, unter anderem, dass der Präsident zurückgetreten sei und sein Kabinett entlassen habe. Die toten DemonstrantInnen wurden als "Märtyrer der Zivilgesellschaft" bezeichnet, wobei diese offenbar nur aus Angehörigen der Opposition bestehen kann und Chavez-AnhängerInnen nichts mit Zivilgesellschaft zu tun haben. Chavez soll, siehe Folge eins, Schüsse in die Menge angeordnet haben.

Zweifel daran, dass Chavez wirklich zurückgetreten seien, wurden von Mitgliedern seines Kabinetts artikuliert, von den Medien jedoch negiert. Ebenso weigerten sich die Medien, die Namen der Getöteten zu veröffentlichen, wohl weil die meisten davon für Chavez demonstriert hatten. Ingesamt zeigt die Berichterstattung, wie Medien eine andere Realität kreiern können, die ja dann von den meisten internationalen Medien als Wahrheit übernommen worden ist. 

Bei allen Fehlern, die Chavez anzukreiden sind - unter anderem sein autokratischer Stil -, ist er doch einer der am wenigsten diktatorisch agierenden Präsidenten Venezuelas. Wilpert nennt als Beispiel Carlos Andres Perez, der in den frühen neunziger Jahren regierte, als erschossene DemonstrantInnen beinahe jeden Monat zu beklagen waren. Chavez glaubt an soziale Gerechtigkeit und arbeitet dafür, vertritt partizipatorische Demokratie, verhält sich jedoch autokratisch. So hat der zudem charismatisch auftretende Präsident Basisbewegungen und Zivilgesellschaft vernachlässigt und sogar zu kontrollieren versucht. 

Eine sonderlich glückliche Hand für Postenbesetzungen kann Chavez ebenfalls nicht nachgesagt werden. Und er wird dafür kritisiert, dass seine Reformen zu langsam voranschreiten, wobei er allerdings einen auf den Zeitraum von 2001 bis 2007 angelegten Plan entwickelt hat, der natürlich erst teilweise umgesetzt sein kann. Chavez beging dabei den Fehler, die eigene soziale Basis zu vernachlässigen, sodass hier konservative Opposition Platz greifen konnte. Und er war nicht gerade kritikfähig, sondern hat stets jene aus seinem inneren Kreis entlassen, die ihn zu kritisieren wagten. Ob er und seine Gegner nun etwas aus dem Kurzzeitputsch gelernt haben? Wilpert meint, das wird sich zeigen, zumal die venezolanische Gesellschaft tief gespalten ist und es auch Klassenkonflikte gibt. 

Jack McCarthy setzt sich ebenfalls im CounterPunch mit den Berichten von "New York Times" und "Washington Post" auseinander. Die NYT, die immerhin den Pulitzer Preis bekam für ihre 9-11-Berichterstattung, schrieb am 14. April, dass Chavez zurückgetreten sei und somit die Demokratie in Venezuela nicht länger von einem Möchtegern-Diktator bedroht ist. Die Post meinte tags darauf, dass die "Verletzung der Demokratie" bei den Demonstrationen von Präsident Chavez ausgegangen sei. McCarthy stellt angesichts dieser Beispiele fest - die ihre Entsprechungen in Medien hierzulande haben, siehe Folge zwei zum Beispiel "Standard" -, dass es einen Preis für den schlechtesten Journalismus geben müsste.

Die beiden Medien, die sich für qualitätvoll halten, verloren keine Zeit mit Recherche und man fragt sich beinahe, ob die Kommentare nicht schon vor dem Putsch verfasst worden sind. McCarthy versucht, sich die Gesichter der schafsgleich einer ausgegebenen Meinung folgenden JournalistInnen vorzustellen, als Chavez wieder ins Amt zurückkehrte, Dann schrieben sie belehrende Texte, die wir ebenfalls aus dem "Standard" kennen....

http://www.ceiberweiber.at/wahl1/29april.htm
 


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