Propaganda-Krieg mit Falschmeldungen?
 

Der Kampf gegen den Terror soll offenbar auch auf dem Informationssektor verstärkt werden - mit zweifelhaften Mitteln: Das Pentagon will eine riesige Propaganda-Aktion starten und gezielt Falschinformationen im Ausland streuen.

Hamburg - Das amerikanische Verteidigungsministerium will offenbar die öffentliche Stimmung außerhalb den USA und die Meinung ausländischer Politiker stärker zu Gunsten der amerikanischen Politik beeinflussen. Nach Angaben der "New York Times" entwickelt es Pläne, die darauf abzielen, ausländische Medien auch gezielt mit Falschinformationen zu füttern. Die Zeitung beruft sich auf Beamte der Armee. 

Dass Propaganda in feindlichen Ländern verbreitet wird, ist nicht sonderlich neu. Die Amerikaner haben schon immer Informationen in feindlichem Gebiet verbreitet, etwa durch Flugblätter oder durch Radio- und Fernsehprogramme. Nun aber wollen die Medienstrategen im Pentagon verstärkt dafür sorgen, dass auch in verbündeten Staaten eine stärker proamerikanische Stimmung herrscht. 

In Folge der Anschläge vom 11. September wurde im Pentagon das "Büro zur strategischen Einflussnahme" eingerichtet, eine kleine, aber finanziell bestens ausgestattete Stelle. Das Büro soll Aufgaben übernehmen, die bisher vor allem vom Außenministerium erfüllt wurden. 

Die Pläne des Pentagon sind innerhalb der Regierung heftig umstritten. Sie haben die letzte Zustimmung von US-Präsident George W. Bush noch nicht, und es regt sich starker Widerstand gegen das Vorhaben innerhalb des Pentagon. Die Kritiker befürchten, die Tätigkeit des neuen Büros könnte die Glaubwürdigkeit von Informationen untergraben, die vom Öffentlichkeitsamt des Verteidigungsministeriums herausgegeben werden. 

Auch Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat die jüngsten Propaganda-Vorschläge aus dem eigenen Haus noch nicht genehmigt. Von leitenden Pentagon-Leuten war zu hören, die Pläne zum Informationskrieg lägen zur Prüfung beim Top-Anwalt des Pentagon, William Haynes. 

Nur wenig Information dringt über das "Büro zur Strategischen Einflussnahme" an die Öffentlichkeit. Sogar führende Pentagonleute und Militärexperten aus dem Kongress sagen, sie wüssten nichts über die Ziele des Amtes. Ein Haushaltsplan der mit mehreren Millionen Dollar bedachten Stelle wurde noch nicht bekannt gegeben. 

Das neue Amt, das von dem Luftwaffen-Brigadegeneral Simon Worden geleitet wird, lässt allerdings Vorschläge zirkulieren, die einer aggressiven Kampagne Vorschub leisten sollen. Demnach sollen nicht nur ausländische Medien und das Internet für die Verbreitung der eigenen Sichtweise genutzt werden, sondern es soll auch um "verdeckte Operationen" gehen, so die "New York Times". 

Aus Pentagon-Kreisen sei zu vernehmen, dass Worden seine Aufgabe sehr weit fasst. Neben der üblichen Öffentlichkeitsarbeit, deren Nachrichten einen relativ hohen Wahrheitsgehalt aufwiesen, gehörten besonders Kampagnen dazu, die gezielte Desinformation und andere Propagandatricks beinhalteten. 

Auch wird angeblich in Erwägung gezogen, E-Mails an Journalisten, Meinungsbildner sowie führende öffentliche Persönlichkeiten und an ausländische Politiker zu senden, in denen die amerikanische Position befördert wird. Diesen E-Mails sollen so verschleiert sein, dass der Empfänger nicht erkennen kann, dass sie von amerikanischen Militärstellen verschickt wurden. 

Damit das neue Büro inhaltlich ins Laufen kommt, wurde die Rendon Group als Beraterfirma für 100.000 Dollar im Monat gewonnen. Die Gruppe hat bereits den Wahlkampf für Jimmy Carter mitgestaltet. Sie hat außerdem Projekte für die CIA, für die kuweitische Königsfamilie und für den "Irakischen National Kongress", die Opposition im Irak, betreut. Während des Golfkriegs hat die Rendon Group Nachrichten über irakische Gräueltaten in Kuweit gestreut. 
 

http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,183193,00.html