Arbeitlosenstatistik - Das strahlende
Vorbild USA ?
Deshalb möchte ich einmal genauer auf die USA, als eines der wichtigsten Modelländer eingehen. Uns wird von hiesigen Wirtschafts- und Verbandsvertretern suggeriert, wir bräuchten eigentlich nur den amerikanischen Weg zu gehen und das Arbeitsmarktproblem wäre gelöst. Wenn man die Zahlen überprüft, kommt man zu erstaunlichen Ergebnissen. Im April 1996 waren in den USA 5,2% der Erwerbsbevölkerung offiziell arbeitslos gemeldet, das entspricht ca. 7 Mio. Menschen. Weitere 6 Mio. Amerikaner würden sich sofort als arbeitslos bezeichnen, wenn sie gefragt würden, werden aber von der Statistik nicht erfaßt, da sie die Kriterien nicht erfüllen. Das wichtigste Kriterium, daß man erfüllen muß, um in den USA offiziell arbeitslos zu sein ist, daß man den Nachweis führt, sich in den letzten sieben Tagen aktiv um Arbeit bemüht zu haben. Wer auch nur vorübergehend resigniert oder krank ist, wird schon nicht mehr erfaßt. Darüber hinaus arbeiten 4,5 Mio. Amerikaner unfreiwillig in Teilzeit. Wer aber schon eine Stunde Arbeit pro Woche hat, gilt nicht als arbeitslos. Weitere 8 Mio. Arbeitnehmer haben nur kurzfristige Arbeitsverträge von weniger als drei Monaten Dauer und nochmal 2 Mio. arbeiten nur auf Abruf, sind eine Art moderne Tagelöhner. 8 Mio. gelten als scheinselbstständig . Wenn man im amerikanischen Arbeitsministerium anruft
- was ich im vergangenen April getan habe - und fragt: „Wenn man so zählt
wie in Amerika, was für eine Arbeitslosenquote ergibt sich dann für
Deutschland?" Erfährt man, daß diese Zahl dort tatsächlich
ermittelt wird. Es stellt sich heraus, daß die westdeutsche Arbeitslosenquote
nach amerikanischem Modell im April 1997 bei 7,2 % lag.
Für diese Art des politisch ökonomischen
Umgangs mit der Arbeitslosigkeit hat Amerika einen extrem hohen Preis bezahlt.
Die Erwerbsbevölkerung wurde extrem polarisiert und damit ging die
Explosion der Kriminalität in den Städten einher.
Ein Fünftel aller amerikanischen Beschäftigten arbeitet für Löhne unterhalb der Armutsgrenze, die in den USA wesentlich niedriger definiert ist als bei uns. Für amerikanische Unterschichtjugendliche gibt es nur eine Art des sozialen Aufstiegs: die Teilhabe an der organisierten Kriminalität. Damit einher geht ein unglaublicher Ausbau des Repressionswesens. Kalifornien, für sich genommen das siebtreichste Land der Erde, gibt für Gefängnisse mehr Geld aus als für das gesamte öffentliche Bildungswesen. 10% der amerikanischen Wohnbevölkerung lebt in bewachten Siedlungen und bewachten Wohnhäusern, um sich zu schützen. Die Amerikaner geben heute für ihre private Polizei doppelt soviel aus, wie für ihre staatliche. 3% der Erwerbsbevölkerung sitzen im Gefängnis. Das sind 6 mal so viel wie bei uns. 7% stehen direkt oder indirekt unter Justitzaufsicht mit allen möglichen Bewährungsauflagen. Ein amerikanischer Ökonom interpretierte dies so, daß die Langzeitarbeitslosen Deutschlands der Gefängnisbevölkerung der USA entspreche. Das ist nicht nur politisch riskant, da man jede Menge rechts-konservative ‘Law and Order’-Politiker nach oben schwemmt. Ich behaupte, es ist auch volkswirtschaftlich überhaupt nicht effizient, einen so großen Teil der Bevölkerung erst gar nicht auszubilden und aus den produktiven Sektoren der Ökonomie auszuschließen. Denn so fährt ein Land weit unterhalb seiner wirtschaftlichen Potenz. Nicht zufällig ist die Investitionsquote, also der Anteil der Wirtschaftsleistungen, der in neue Produkte und Anlagen re-investiert wird, in den USA kontinuierlich niedriger als bei uns. Und nicht zufällig erwirtschaften die USA im globalen Handel und internationalen Wettbewerb seit 20 Jahren Defizite in einer Größenordnung von bis zu 150 Mrd. Dollar jährlich. Das kann sich Amerika nur deshalb leisten, weil auch der letzte chinesische Bauer in Dollar spart und deshalb die Währungsreserve außerhalb der USA ständig anwächst. http://wwwuser.gwdg.de/~fsbio/speech.htm#s2 |