Aus:
Aufnahmedatum: 31.03.03

"Stupid White Men" 

von Michael Moore
 

[Seite 23 - 34]

Der Wahlbetrug (Titel von mir eingefügt, damit man weiß worum es geht)
 

Der Coup wurde schon lange vor den miesen Tricks am Wahltag
2000 geplant. Im Sommer 1999 zahlte Katherine Harris vier Mil-
lionen Dollar an Database Technologies. Harris ist nicht nur Eh-
renmitglied bei den dummen weißen Männern, sondern auch
stellvertretende Wahlkampfleiterin für Bush und Innenministerin
von Florida. Damit war sie fiir die Durchführung der Wahl in ih-
rem Staat verantwortlich. Database sollte die Wahlregister Flori-
das durchgehen und jeden streichen, den man eines Verbrechens
»verdächtigte«. Harris handelte mit dem Segen des Gouverneurs
von Florida, George W.s Bruder Jeb Bush - dessen tugendhafte
Gemahlin einmal bei dem Versuch erwischt wurde, Schmuck im
Wert von 19000 Dollar am Zoll und an der Steuer vorbei ins
Land zu schmuggeln... Das ist eigentlich eine Straftat. 

Aber hey, wir sind in Amerika. Wir verfolgen Verbrecher nicht, 
wenn sie reich oder mit einem regierenden Bush verheiratet sind.
Laut Gesetz dürfen Vorbestrafte in Florida nicht wählen. Na-
türlich bin ich davon überzeugt, daß die Richter in Florida stets
untadelig und völlig unvoreingenommen urteilten. Aber dieses
Gesetz hat traurigerweise zur Folge, daß 31 Prozent aller männ-
lichen Schwarzen in Florida nicht wählen dürfen. Harris und
Bush wußten, daß durch die Streichung der Vorbestraften aus
den Wahlregistern Tausende von schwarzen Bürgern von den
Wahlurnen ferngehalten werden würden.

Die schwarzen Bürger Floridas sind in überwältigender Mehr-
heit Demokraten - zweifellos bekam AI Göre am 7. November
2000 über 90 Prozent ihrer Stimmen.

Das heißt, 90 Prozent derer, die wählen durften.
Mit einem Streich, der nichts anderes als ein Massenbetrug
durch den Staat Florida war, entfernten Bush, Harris und Data-
base nicht nur Tausende schwarzer Bürger mit Vorstrafen aus
dem Register, sondern auch Tausende schwarzer Bürger, die
noch nie in ihrem Leben eine Straftat begangen hatten - zusam-
men mit Tausenden von Bürgern, die nur geringfügige Vergehen
begangen hatten.

Wie war das möglich? Database (eine Firma mit starken Ver-
bindungen zu den Republikanern) erhielt von Harris' Büro die
Anweisung, das Netz so weit wie möglich zu spannen und soviele
Wähler wie möglich loszuwerden. Das Unternehmen sollte sogar
Bürger streichen, deren Namen »ähnlich« klangen wie die der
Vorbestraften. Database mußte auch Bürger überprüfen, die das
gleiche Geburtsdatum wie bekannte Vorbestrafte oder die glei-
che Sozialversicherungsnummer hatten. Eine achtzigprozentige
Übereinstimmung der relevanten Informationen, so die Anwei-
sung des Wahlbüros, genügte, damit ein Wähler auf der Liste
der Nicht-Wahlberechtigten landete.

Selbst fiir das bushfreundliche Unternehmen waren diese In-
struktionen schockierend. Sie bedeuteten, daß Tausende von
Wählern am Wahltag von der Ausübung ihres Wahlrechts abge-
halten werden würden, weil ihr Name ähnlich klang wie der eines
Bankräubers oder weil sie zufällig am selben Tag Geburtstag hat-
ten wie er. Marlene Thorogood, Projektmanagerin bei Database,
schickte Emmett »Bucky« Mitchell, einem Rechtsanwalt im
Wahlkomitee von Harris, eine E-Mail, in der sie ihn warnte:
»Leider könnte eine derartige Programmierung Ihnen falsche Er-
gebnisse liefem.« Thorogood meinte damit Namensverwechs-
lungen.

Nicht so schlimm, entschied der gute alte Bucky: »Wir wollen
lieber Namen erfassen, auf die unsere Kriterien möglicherweise
nicht zutreffen, und dann die Wahlaufsicht [des Bezirks] endgül-
tig entscheiden lassen, als bestimmte Namen ganz auszuschlie-
ßen.«

Database tat wie geheißen. Schon bald wurden 173 000 Wäh-
ler in Florida für immer aus dem Wahlregister gestrichen. In Mi-
ami-Dade, dem größten Regierungsbezirk Floridas, waren 66
Prozent der aus dem Register gestrichenen Wähler Schwarze.
Im Bezirk Tampa waren 54 Prozent derjenigen, denen am 7. No-
vember 2000 die Wahl verboten wurde, Schwarze.

Aber Harris und ilir Ministerium gaben sich nicht damit zu-
frieden, aus dem Wahlregister nur Namen von Bürgern zu strei-
chen, die in Florida angeklagt oder vorbestraft waren. Zusätzlich
wurden 8 000 weitere Bürger Floridas aus den Registern gestri-
chen, weil Database eine falsche Liste benutzte, die ein anderer
Bundesstaat geliefert hatte. Angeblich waren auf der Liste die
Namen von Vorbestraften verzeichnet, die nach Florida gezogen
waren.

Es hat sich herausgestellt, daß die Straftäter auf der Liste ihre
Strafen abgesessen und ihr Wahlrecht wiedererhalten hatten. Au-
ßerdem standen auch Bürger auf der Liste, die nur Ordnungswid-
rigkeiten begangen hatten - zum Beispiel Falschparken oder
Müll-nicht-vorscliriftsmäßig-Entsorgen. Und nun raten Sie mal,
welcher Staat Jeb und George unter die Arme griff und die fal-
sche Liste nach Florida schickte?
Texas.

Die ganze Affäre stinkt zum Himmel, aber die amerikanischen
Medien ignorierten sie. Nur die BBC hakte nach und brachte zur
besten Sendezeit einen viertelstündigen Bericht in den Nachrich-
ten, in dem sämtliche sclimutzigen Details aufgedeckt und die
Verantwortung für den Betrug direkt Gouverneur Bush zuge-
schrieben wurde. Traurig, traurig, wenn wir das Femsehen eines
8000 Kilometer entfernten Landes ansehen müssen, um die
Wahrheit über unsere eigenen Wahlbetrügereien zu erfahren.

(Schließlich griffen die Los Angeles Times und die Washington
Post die Geschichte auf, sie wurde jedoch kaum beachtet.)
Der Angriff auf das Wahlrecht von Minderheiten war in Flo-
rida so umfangreich, daß sogar Bürger wie Linda Howell betrof-
fen waren. Linda erhielt einen Brief, in dem ihr mitgeteilt wurde,
sie sei vorbestraft, daher solle sie am Wahltag gar nicht erst wäh-
len gehen, sie sei aus dem Register gestrichen. Das Dumme war
nur, daß Linda Howell keine Verbrecherin war, sondern zur
Wahlaufsicht von Madison County in Florida gehörte! Sie und
andere lokale Wahlbeauftragte versuchten den Staat dazu zu
bringen, den Fehler zu korrigieren, aber ihre Gesuche wurden ab-
schlägig beschieden. Ihnen wurde gesagt, daß jeder, der sich be-
klage, er werde zu Unrecht am Wählen gehindert, sich Fingerab-
drücke abnehmen lassen müsse. Anschließend werde der Staat
entscheiden, ob die Person kriminell sei oder nicht.

Am 7. November 2000 drängten die schwarzen Bürger Flori-
das in Rekordzahlen an die Wahlurnen, doch vielen wurde im
Wahllokal schroffmitgeteilt: »Sie dürfen nicht wählen.« In eini-
gen Vierteln in den Innenstädten waren die Wahllokale durch Po-
lizeiaufgebote geschützt, die jeden am Wählen hindern sollten,
der auf Katherines und Jebs »Verbrecherliste« stand. Hunderte
gesetzestreuer Bürger, die ihr von der Verfassung garantiertes
Wahlrecht ausüben wollten, wurden in den überwiegend von
Schwarzen und Hispanics bewohnten Bezirken weggeschickt,
und wenn jemand protestierte, wurde mit Verhaftung gedroht.
George W. Bush erhielt in Florida offiziell 537 Stimmen mehr
als AI Göre. Aller Wahrscheinlichkeit nach hätten Tausende
schwarzer und hispanischer Wähler, denen der Gang zur Urne
verwehrt wurde, anders entschieden. Hätten sie Bush die Wahl
gekostet, wenn sie hätten wählen dürfen? Zweifellos.

Am Wahlabend herrschte nach der Schließung der Wahllokale
in Florida große Verwirrung, wie man mit dem Auszählen der
Wahlzettel verfahren sollte. Wer hatte nun eigentlich gewonnen?
Schließlich wurde vom Verantwortlichen für die Wahlberichter-
stattung beim Fox News Channel eine Entscheidung getroffen.

John Ellis ließ in den Nachrichten verkünden, Bush habe Florida
und damit die Wahl gewonnen. Und so geschah es. Fox News
Channel erklärte Bush offiziell zum Sieger.

Aber unten in Tallahassee war die Auszählung noch gar nicht
abgeschlossen; Associated Press beharrte darauf, daß das Ergeb-
nis noch nicht eindeutig sei, und weigerte sich, die Nachricht von
Fox News Channel zu übernehmen.

Die anderen Sender hatten weniger Skrupel. Kaum hatte Fox
den Präsidenten gekürt, folgten sie dem Sender wie Lemminge,
weil sie fürchteten, sonst als langsam oder schlecht informiert zu
gelten, und das, obwohl ihre eigenen Reporter vor Ort darauf be-
standen, das definitve Ergebnis stehe noch nicht fest. Aber wer
braucht schon Reporter, wenn er einem Leithammel namens
John Ellis hinterherrennt, dem Mann für die Wahlberichterstat-
tung bei Fox. Wer ist dieser John Ellis?

Er ist ein Cousin ersten Grades von George W. und Jeb Bush.
Nachdem Ellis das Wahlergebnis verkündet hatte und die an-
deren Sender es nachgebetet hatten, gab es kein Zurück mehr -
und nichts schadete, psychologisch betrachtet, Göres Chancen
für einen Sieg mehr als der Eindruck, daß ER der schlechte Ver-
lierer war. Denn Göre forderte Nachzählungen, er zog sein Ein-
geständnis der Niederlage zurück und bestürmte die Gerichte mit
Rechtsanwälten und Klagen. In Wahrheit lag Göre die ganze Zeit
vom - er bekam die meisten Stimmen -, aber die Medien stellten
das niemals dar.

Eine Szene am Wahlabend, die ich nie vergessen werde, wurde
am frühen Abend gesendet. Die Fernsehsender hatten Göre be-
reits zum Sieger in Florida erklärt, und das war korrekt. Dann
wurde in ein Hotelzimmer in Texas umgeschaltet, in dem George
W. mit seinem Vater, dem ehemaligen Präsidenten, und seiner
Mutter Barbara saß. Der alte Herr wirkte kaltschnäuzig und
ganz gelassen, obwohl es so aussah, als sei der Sohnemann weg
vom Fenster. Ein Reporter fragte Bush Junior, was er von dem
Ergebnis halte.

»lch... gebe Florida nicht verioren«, meldete sich Junior nicht
ganz schlüssig zu Wort. »lch weiß, daß Sie die ganzen Hochrech-
nungen haben, aber die Leute zählen noch die Stimmen... Die
Sender beurteilen die Sache verfrüht, und die Leute zählen die
Stimmen, sie haben eine andere Perspektive, daher ...« Es war
ein merkwürdiger Augenblick in dieser verrückten Nacht der
Wahlberichterstattung. Die Familie Bush mit ihrem entspannten
Lächeln sah aus wie ein paar fette Katzen, die gerade einen
Schwärm Kanarienvögel verschlungen haben. Sie sahen aus, als
ob sie etwas wüßten, was wir noch nicht wußten.

Und so war es auch. Sie wußten, daß Jeb und Katherine die
Sache schon vor Monaten geregelt hatten. Sie wußten, daß Vet-
ter John die Berichterstattung bei Fox kontrollierte. Und wenn
alles nichts half, gab es immer noch ein Team, auf das sich
Daddy verlassen konnte: das Oberste Gericht der Vereinigten
Staaten.

Unglaubliches geschah in den folgenden 36 Tagen. Das Impe-
rium schlug zurück, und zwar gnadenlos. Während sich Göre
dummerweise darauf konzentrierte, daß in einigen Bezirken
Nachzählungen durchgeführt wurden, hatte es das Bush-Team
auf den heiligen Gral abgesehen - die Stimmen der Briefwähler
im Ausland. Viele Briefwähler waren Soldaten, die aus Tradition
die Republikaner wählen. Sie verschafften Bush die Stimmen,
die er bis dato nicht bekommen hatte, obwohl er Tausenden von
Schwarzen mit miesen Tricks das Wahlrecht aberkannt hatte.
Göre wußte das und forderte, daß die Wahlzettel der Briefwäh-
ler genauestens überprüft wurden. Natürlich widersprach das sei-
ner Devise »Laßt jede Stimme gelten«, die er mit seiner Forde-
rung nach Nachzählungen ausgesprochen hatte. Aber er hatte
das Gesetz Floridas hinter sich, das in dieser Hinsicht eindeutig
ist: Die Stimmen von Briefwählem aus dem Ausland dürfen nur
gezählt werden, wenn sie am oder vor dem Wahltag abgegeben
und unterschrieben und bis zum Wahltag eingesandt wurden
oder der Poststempel des anderen Landes ein Datum vor dem
Wahltag oder das Datum des Wahltags selbst trägt.

Während der Republikaner und Ex-Außenminister Jim Baker
Was hat sie veranlaßt, ihre Meinung zu ändern - und sich über
das Gesetz hinwegzusetzen? Wir werden es wohl nie erfahren,
weil die Computerdaten, die diese Vorgänge verzeichneten, auf
mysteriöse Weise gelöscht wurden - vermutlich ein Verstoß ge-
gen die Gesetze des Staates Florida. Lange nachdem das Kind in
den Brunnen gefallen war, hat Harris nun ihre Festplatten den
Medien zur Begutachtung überlassen, aber erst nachdem ihr ei-
gener EDV-Experte sie »durchgesehen« hat. Diese Frau will nun
für den Kongreß kandidieren. Können diese Leute sich eigentlich
noch schamloser aufführen?

Mit dem Segen ihrer Innenministerin im Rücken starteten die
Republikaner eine massive Kampagne, mit der gewährleistet
werden sollte, daß bei der Zahlung der Briefwahlstimmen so
großzügig wie möglich verfahren wurde. Der Wahlgrundsatz
der Gleichheit bedeutete in Florida, daß die Annahme oder Ab-
lehnung einer Briefwahlstimme davon abhing, aus welchem
Wahlbezirk der Wähler kam. Das erklärt, warum in Wahlbezir-
ken, in denen Göre gewann, nur zwei von zehn Wahlzetteln mit
unklaren Poststempeln gezählt wurden, in den Bezirken, die an
Bush gingen, schafften es wunderbarerweise sechs von zehn
Wahlzetteln in die Endauswertung.

Als sich die Demokraten beschwerten, daß Wahlzettel, die
nicht den Vorschriften entsprachen, nicht gezählt werden dürften,
starteten die Republikaner einen erbitterten PR-Feldzug. Sie
wollten den Eindruck erwecken, daß die Demokraten ausgerech-
net jene Männer und Frauen um ihr Wahlrecht betrügen wollten,
die ihr Leben für ihr Land riskierten. Ein typisches Beispiel ist
der Vorwurf eines republikanischen Mitglieds des Stadtrats von
Naples: »Wenn eine Kugel sie erwischt oder sie von der Bombe
eines Terroristen in Stücke gerissen werden, dann fragt man bei
den Leichenteilen auch nicht nach dem Poststempel oder nach
einer Registriening.« Der republikanische Kongreßabgeordnete
Steve Buyer aus Indiana beschaffte sich (vermutlich illegal) die
Telefonnummern und E-Mail-Adressen von Soldaten und sam-
melte Geschichten über tragische Ablehnungen von Wahlzetteln,
weil er seine Sympathie fiir »unsere Männer und Frauen im Ein-
satz« bekunden wollte. Selbst Stormin' Norman Schwarzkopf,
der tapfere Recke des Golfkrieges, schaltete sich mit der Bemer-
kung ein, es sei ein sehr trauriger Tag fiir das Land, wenn die De-
mokraten die Wähler in der Army schikanieren dürften.

Der Druck verfehlte seine Wirkung bei den schwächlichen,
rückgratlosen Demokraten nicht:  Sie zogen furchtsam den
Schwanz ein. In der Sendung Meet the Press erklärte Joe Lieber-
man, Kandidat fiir das Amt des Vizepräsidenten, die Demokraten
sollten mit dem Theater aufhören und akzeptieren, daß Hunderte
Wahlzettel von Soldaten im Einsatz gezählt werden dürften, auch
wenn sie nicht den richtigen Poststempel hätten.

Lieberman hätte wie so viele andere dieser neuen Sorte Demo-
kraten ums Prinzip kämpfen sollen, anstatt sich um sein Image zu
sorgen. Warum? Nun, die New York Times fand folgendes heraus:

• 344 Wahlzettel enthielten keinerlei Hinweis, daß sie am
Wahltag oder davor abgegeben wurden
• 183 Wahlzettel trugen einen Poststempel der Vereinigten
Staaten
• 96 Wahlzettel hatten keine Bestätigung von Zeugen
• 169 Wahlzettel stammten von nicht registrierten Wählern,
waren nicht richtig unterschrieben oder stammten von
Wählern, die keine Briefwahl beantragt hatten
• 5 Wahlzettel trafen nach der letzten Frist (17. November)
ein
• 19 Briefwähler schickten 2 Wahlzettel - und beide wurden
gezählt
All diese Wahlzettel entsprachen nicht dem Wahlgesetz Floridas,
wurden aber trotzdem gezählt. Muß ich noch deutlicher werden?
Bush hat nicht gewonnen! Göre ist der Sieger. Das hat nichts mit
falsch gestanzten Wahlkarten zu tun, und nichts mit der dreisten
Unterdrückung der Afro-Amerikaner in Florida. Bei der Auszäh-
lung der Stimmen wurde schlicht und ergreifend das Gesetz ge-
brochen. Alles ist dokumentiert, die Beweise liegen in Tallahas-
see. Alle Manipulationen hatten nur einen Zweck: Bush sollte die
Wahl gewinnen.

Am 9. Dezember 2000 erhielt das Oberste Gericht die Nachricht,
daß die Nachzählung der Stimmen in Florida trotz der Tricks der
Bush-Anhänger zugunsten von AI Göre ausgehen würde. Um 14
Uhr zeigte die inoffizielle Auszählung, daß Göre Bush den Rang
ablaufen würde. »Er liegt nur noch 66 Stimmen zurück und holt
weiter auf!« berichtete ein aufgeregter Nachrichtensprecher. Ent-
scheidend für Bushs »Sieg« war jedoch, daß die Worte »AI Göre
führte im amerikanischen Femsehen nie ausgesprochen wurden:
In letzter Minute tat das Oberste Gericht, was es tun mußte: Um
14.45 Uhr stoppte es die Nachzählung.

Zu den Richtern gehörten die von Reagan ernannte Sandra
Day O'Connor und der von Nixon ernannte Oberste Bundesrich-
ter William Rehnquist. Beide sind über Siebzig und hofften
wohl, sie könnten in der Amtszeit einer republikanischen Regie-
rung in den Ruhestand gehen, damit ihre Nachfolger ihre konser-
vativen Ansichten weiter vertreten könnten. Am Wahlabend soll
Sandra O'Connor aufeiner Party in Georgetown geklagt haben,
sie halte nicht noch weitere vier - oder gar acht - Jahre durch.
Bush Junior war ihre einzige Hoffnung auf einen angenehmen
Ruhestand in ihrem Heimatstaat Arizona.

Zwei weitere Richter mit extrem konservativen Ansichten wa-
ren befangen. Die Frau des Richters Clarence Thomas, Virginia
Lamp Thomas, arbeitet bei der Heritage Foundation, einer be-
kannten konservativen Stiftung in Washington D.C. Sie wurde
von George W. Bush beauftragt, bei der Zusammenstellung sei-
ner Regierungsmannschaft zu helfen. Eugene Scalia, der Sohn
von Richter Antonin Scalia, war Rechtsanwalt bei der Kanzlei
Gibson, Dünn & Crutcher - eben jener Kanzlei, die Bush auch
vor dem Obersten Gericht vertrat!

Aber weder Thomas noch Scalia sahen einen Interessenskon-
flikt oder gar Anlaß, den Fall abzugeben. Als das Gericht später
seinen Beschluß verkündete, gab ausgerechnet Scalia die mittler-
weile berüchtigte Erklärung ab, warum die Nachzählung ge-
stoppt werden mußte: »Die Auszählung der Stimmen, deren
Rechtmäßigkeit fraglich ist, droht meiner Ansicht nach dem Klä-
ger [Bush] und dem Land irreparablen Schaden zuzufügen, weil
sie einen Schatten auf die Rechtmäßigkeit seiner Wahl wirft.«
Anders ausgedrückt: Wenn wir alle Stimmen nachzählen lassen
und die Wahl geht zugunsten von Göre aus, dann beeinträchtigt
das freilich Bushs Fähigkeit zu regieren.

Das ist nur allzu wahr: Wenn die Wahlzettel belegen, daß Göre
der eigentliche Sieger ist - und das taten sie ja auch -, würde das
natürlich der Stimmung im Land gegenüber dem Präsidenten
Bush und der Legitimität seiner Amtsausübung einen Dämpfer
versetzen.

Das Oberste Gericht berief sich in seinem Urteil auf den
Grundsatz zum Schutz der Gleichheit im 14. Verfassungszusatz
und rechtfertigte damit den Wahlbetrug. Diesen Grundsatz hatte
das Gericht im Lauf der Jahre immer wieder zurückgewiesen,
wenn Schwarze ihn als Argument gegen Diskriminierung anführ-
ten. Aufgrund der unterschiedlichen Methoden bei der Auszäh-
lung, stellte das Oberste Gericht fest, seien die Wähler in den Be-
zirken nicht gleich behandelt und ihre Rechte folglich verletzt
worden. (Seltsamerweise erwähnten nur die Richter des Ge-
richts, die anderer Meinung waren, daß die veralteten Zählma-
schinen, die ungewöhnlich häufig in armen und von Minderhei-
ten bewohnten Bezirken in Florida eingesetzt wurden, eine ganz
andere - und erheblich schwerwiegendere - Ungleichheit im Sy-
stem geschaffenhatten.)

Schließlich führte auch die Presse eigene Nachzählungen
durch und trug damit noch zur allgemeinen Verwirrung bei. Der
Miami Herald brachte die Schlagzeile: »Nachzählung der Stim-
men ergibt, daß Bushs Sieg auch einer Nachzählung von Hand
standgehalten hätte.« Wenn man aber den ganzen Artikel liest,
findet man folgenden Abschnitt: »Bush hätte die Führung verlo-
ren, wenn die Nachzählung gemäß den strengen Beschränkungen
durchgeführt worden wäre, die einige Republikaner empfohlen
hatten... Die nochmalige Prüfung erbrachte das Ergebnis, daß
die Wahl anders ausgefallen wäre, wenn jedes Wahlkomitee in
jedem Wahlkreis jeden einzelnen Wahlzettel überprüft hätte,
[und zwar] nach dem umfassendsten Standard [das heißt ein
Standard, der den wahren Willen des GANZEN Volkes berück-
sichtigt]. Dann hätte Gore mit einer Mehrheit von 393 Stimmen
gewonnen... Wären die Wahlzettel berücksichtigt worden, die
entweder aufgrund der maschinellen Erfassung oder der Unfä-
higkeit der Wähler, die Wahlzettel richtig auszufüllen, ungültig
waren, dann hätte Göre immer noch mit 299 Stimmen Vorsprung
gewonnen.
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Dann solltest du Deinen Wehrdienst bei der Lufwaffe der Nationalgrade von Texas ableisten. Aber eines Tages bist Du laut Boston Globe einfach weggeblieben und hast Dich nicht mehr bei Deiner Einheit gemeldet –eineinhalb Jahre lang ! Du mußstest Deinen Wehrdienst nicht ableisten weil Du Bush heißt.
.....