Der neue US-britische Öl-Imperialismus

Von Norman D. Livergood

Veröffentlicht auf http://www.hermes-press.com/impintro1.htm

Aus dem Amerikanischen übersetzt von Ronald Battistini
 

Teil 1

Seit mehreren Jahrhunderten sind die herrschenden amerikanischen und britischen Kreise in eine Politik des militärischen Imperialismus involviert. Die amerikanische Revolution brach aus, um die Vereinigten Staaten unter eine neue, nicht-britische Regierung zu stellen, die der Öffentlichkeit als Demokratie verkauft wurde. Im 20. Jahrhundert haben sich diese herrschenden Eliten um die Familien-Dynastien Rockefeller, Brown, Harriman und Morgan gescharrt. Die Familie Bush diente dabei, beginnend mit Prescott Bush, als Statthalter für die Interessen der Rockefellers, Browns und Harrimans.

Wie bereits in früheren Artikeln über die imperialistischen Machthaber dargestellt, entschieden die britischen und amerikanischen Machtzirkel, dass die auserwählten Energiequellen Erdöl und Gas sein würden (und nicht Kohle) - genauso wie die auserwählten Drogen Alkohol und Tabak hießen.

Um das Problem, dass seine Öl-Besitzungen 1911 von der US-Regierung zerschlagen wurden, zu beseitigen, machte sich John Rockefeller daran, die Öl-, Gas- und Nuklearenergie-Reserven der Welt zu kontrollieren. Der erste Weltkrieg wurde zur Strategie des Weltölkartells (Standard, Shell, British Petroleum), um Kolonien von Frankreich, Holland, Spanien und Portugal zu übernehmen. Die Kriegsmaschinerien liefen auf der Basis von Ölprodukten und damit entschied Öl-Besitz darüber, wer den Krieg gewinnt oder verliert - und somit die Welt regiert. Öl wurde anstelle von Gold zum Werkzeug der Macht. 1919 regierte das Öl-Imperium, das nicht aus Ländern oder Nationen, sondern privaten Unternehmen bestand, die Welt.

Das Kartell der großen Drei, das das Öl im Persischen Golf und Südost-Asien kontrollierte, wollte auch die Kontrolle über die enormen Öl-Vorkommen im südlichen Teil der Sowjetunion gewinnen. Sie finanzierten die faschistischen Regime in Deutschland, Italien und Japan in der Hoffnung, dass diese Russland besetzen würden. Anschließend sollten die deutsche, italienische und japanische Regierung besiegt und die Kontrolle über die Öl-Reserven der Sowjetunion durch die Ölbarone übernommen werden. Der Kreis um Rockefeller plante außerdem die Übernahme der Ölreserven im Persischen Golf vom Britisch-Persischen Kartell und die des südostasiatischen Öls von der Royal Dutch Shell.

Die USA wurden in den 2. Weltkrieg gezogen, als Präsident Roosevelt im Juli 1941 ein Embargo unterzeichnete, dass jeglichen Schiffsverkehr mit Japan zum Erliegen brachte. Dies sei ein Vergeltungsschlag für die japanische Invasion Französisch-Indochinas, so hieß es. Roosevelts Embargo schnitt den japanischen Öl-Nachschub ab und hätte kurzerhand zum Zusammenbruch der japanischen Wirtschaft geführt. Ende November 1941 schickten die Japaner eine schriftliche Kriegswarnung über diplomatische Kanäle nach Washington mit der Forderung, das Embargo zu beenden: Sonst würden die amerikanischen Einrichtungen im Pazifik angegriffen. Diese formelle diplomatische Warnung wurde ignoriert, die USA antworteten einfach nicht darauf. Zwei Wochen später bombardierten die Japaner die amerikanischen Blockade-Schiffe, die in Pearl Harbour lagen.

Die Deutschen und Italiener griffen 1939 und 1940 nicht Russland an, wie von den großen Drei eigentlich geplant. Statt dessen fiel der deutsche General Rommel in Nordafrika ein, um den Suez-Kanal unter seine Kontrolle zu bringen. Rommel plante, sich anschließend den Weg nach Persien zu bahnen und die Briten von den dortigen Ölfeldern zu verjagen. In der Zwischenzeit, nach einem 1939 fehlgeschlagenen Angriff auf Russland, fegten die Japaner durch Südostasien und brachten alle dortigen Öl-Felder der Royal Dutch Shell in ihren Besitz. Mit der Niederlage Japans 1945 kamen fast all diese Öl-Felder unter die Kontrolle von Rockefellers Standard Oil.

Hitler plante 1939 die Eroberung der rumänischen Ölfelder, damit Deutschland seine eigene Ölversorgung hat. Dies gelang ihm auch und anschließend sollte Rommel 1941 die persischen und 1942 die russischen Ölfelder einnehmen. Nur dann hätte Hitler ausreichend Öl für einen Krieg gegen die USA gehabt. Aber innerhalb einer Woche nach dem Angriff auf Pearl Harbor überzeugten die Japaner den Führer, den USA den Krieg zu erklären. Hitler willigte unter der Bedingung ein, dass die Japaner Russland angreifen. Die Deutschen steckten in Russland fest und Hitler versprach sich einen strategischen Vorteil, wenn die Russen sich an ihrer Ostflanke gegen die Japaner verteidigen müssten. Als die Japaner Russland nicht angriffen, musste sich Hitler zurückziehen und war jetzt ohne Treibstoff-Reserven. Die rumänischen Ölfelder in Ploesti reichten nicht für einen deutschen Zweifronten-Krieg aus und Deutschlands Kriegsmaschinerie begann zu kollabieren.

In einer letzten großen deutschen Kriegsanstrengung versuchte Rommel, die Invasionsarmee der Alliierten mit seinen Panzern zu stoppen und die alliierten Treibstoff-Lager zu besetzen. Dies hätte die amerikanischen und britischen Streitkräfte aufgehalten und Deutschland den notwendigen Treibstoff gesichert, um den Krieg fortzusetzen. Doch General Eisenhower ordnete die Verbrennung der Treibstoff-Lager an und Deutschland wurde besiegt.

Nach dem 2. Weltkrieg kontrollierte die Britisch-Persische Oil Company die riesigen Ölfelder im Iran. Die Perser hatten ihre Unterstützung der arischen Bewegung der Nazis erklärt und erwarteten von Rommel, dass er aus Afrika zu ihrer Befreiung von den Briten herbeieilen würde. Als Ausdruck ihrer Unterstützung Hitlers hatten sie sogar den Namen ihres Landes von „Persien“ in „Aryan“ (oder „Iran“, wie es in ihrer Farsi-Sprache heißt) geändert - aber die Deutschen halfen ihnen nicht.

Um die Golfvorräte im Persischen Golf von den Briten zu übernehmen, führte Kermit Roosevelt (Neffe der US-Präsidenten Franklin Roosevelt) 1954 einen CIA-Plan zur Machtübernahme im Iran durch und installierte den US-gedeckten Shah als Herrscher. Der Shah verwies die Briten des Landes und Rockefellers Standard Oil hatte plötzlich die Kontrolle über die Britisch-Persischen Ölfelder.

1954 handelte Armand Hammer von Occidental Petroleum, ein Verbündeter der Rockefellers, mit dem russischen Diktator Joseph Stalin einen Öl-Kaufvertrag aus - das er damit dem russischen Volk wegnahm. Das russische Öl wurde auf dem Weltmarkt zu einem wesentlich höheren Preis verkauft als Stalin selbst hätte erzielen können, da nur wenige Länder von ihm Öl kaufen wollten.

Occidental Petroleum und Russland bauten zwei große Pipelines von den russischen Ölfeldern entlang beider Seiten des Kaspischen Meeres, die in den alten Britisch-Persischen und jetzt von Standard Oil gehaltenen Ölfeldern Irans endeten. In den folgenden 45 Jahren schickte Russland sein Öl streng geheim durch diese Pipelines und Standard Oil verkaufte es auf dem Weltmarkt zum West Texas Rohöl-Preis, in dem sie es als iranisches Öl deklarierten. Seit fast fünfzig Jahren verwenden Amerikaner russisches Öl in ihren Autos.

Die Standard Oil-Raffinerien, die Benzin aus Rohöl herstellen, liegen an großen Seehäfen wie San Francisco, Houston oder Los Angeles - und nicht in der Nähe der großen amerikanischen Ölfelder. Das meiste Öl aus dem Persischen Golf wird in Öltankern in diese großen Raffinerie-Häfen verschifft.

1979 wurde der von Standard Oil gedeckte Shah durch einen von den Briten unterstützten Coup aus dem Iran vertrieben und der langjährige britische Vertraute Ayatollah Khomeini an die Macht gebracht. Der russische Ölfluss durch den Iran kam jäh zum Erliegen. Andere Öl-Pipelines wurden durch den Irak und die Türkei gebaut. Das russische Öl wurde jetzt OPEC Arabian-Middle Eastern Oil genannt und zu einem noch höheren Preis vermarktet. Damit gab es 1979 in Amerika und Europa plötzlich Benzinknappheit und der Benzinpreis stieg dramatisch. Ebenfalls 1979 versuchte Standard Oil, eine weitere kurze und sichere Pipeline von Russland durch das benachbarte Afghanistan zu bauen. Doch dies führte nur zu einem langen Krieg und das Projekt wurde aufgegeben.

Als das neue, von den Briten kontrollierte Regime in Iran an die Macht kam, drohte die von Rockefeller beeinflusste US-Regierung sofort, iranische Vermögenswerte in den USA in Höhe von 7,9 Milliarden US-$ zu konfiszieren. Am 4. November 1979 nahmen iranische „Terroristen“ 65 Amerikaner als Geiseln. Im Grunde genommen wurde Standard Oil durch die Geiselnahme erpresst. Nach langen Verhandlungen stimmte der Rockefeller-Klon Jimmy Carter am 20. Januar 1981 dem elektronischen Transfer dieser 7,9 Milliarden $ von US-Konten an das iranischen Regime zu.

Am 27. Januar 1988 verkündete das Wall Street Journal die Fusion von Standard Oil mit British Petroleum. Dies bedeutete eigentlich den Aufkauf von BP durch Standard Oil, der Name der neuen Firma lautete BP America. Das Wall Street Journal hielt es nicht für notwendig, auf die weltweit räuberischen Marketing-Praktiken des Standard Oil-Regimes unter dem verschleiernden neuen Namen hinzuweisen.

Während der letzten 13 Jahre fusionierte BP America mit allen alten Standard Oil-Minifirmen, die vor der ursprünglichen Zerschlagung durch die US-Regierung 1911 bestanden, bzw. kontrolliert diese. Das neue Standard Oil-Regime wurde bekannt als BP-AMOCO und nur wenige Leute begreifen, was passiert ist. Jetzt wird klar, warum der britische Premierminister Blair zum Sprecher des neuen Krieges gegen den Terrorismus wurde (der eigentlich ein Krieg um das Öl am Kaspischen Meer ist).

Am Ende des 2. Weltkrieges wurde General Dougals MacArthur Militärgouverneur von Japan. Sein Assistent war Laurence Rockefeller, einer der vier Enkel John D. Rockefellers. Als sich der 2. Weltkrieg seinem Ende näherte, bereiteten sich die USA auf eine massive Invasion der japanischen Hauptinseln vor.

Das Militär hatte riesige Vorräte an Waffen und Munition auf der Insel Okinawa angelegt. Manche Quellen behaupten, dass ein Großteil hiervon später unter Hilfe von Vize-Gouverneur Laurence Rockefeller an den vietnamesischen Führer Ho Chi Minh für etwa einen US-Dollar und „seinen guten Willen“ verkauft wurden. Man wundert sich, warum diese teuren und wichtigen militärischen Güter an die Nordvietnamesen „abgegeben“ wurden.

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir eine fast unbekannte Studie eines Mannes namens Herbert Hoover, dem späteren US-Präsidenten, aus den späten Zwanziger Jahren heranziehen. Nach dieser Studie verläuft eines der weltweit größten Ölfelder entlang der Küste des Südchinesischen Meeres direkt vor Französisch-Indochina, heute bekannt als Vietnam. Zu diesem Zeitpunkt waren Bohrungen vor der Küste noch nicht erfunden und ein Mann namens George Herbert Walker Bush war noch nicht der Vorstandsvorsitzende eines global agierenden Offshore-Bohr-Unternehmens.

1945 war Vietnam noch Kolonie der Franzosen. Es scheint, dass Laurence Rockefeller die Waffenlieferungen an Ho Chi Minh in der Hoffnung unternahm, dass Vietnam die Franzosen vertreiben würde und Standard Oil dann die bis dato unbeachteten Ölfelder vor der Küste übernehmen könnte. Aber als 1954 der vietnamesische General Giap die Franzosen bei Dien Bien Phu mit Hilfe der US-Waffen besiegte und vertrieb, sagte Ho Chi Minh den Deal ab. Er kannte den Hoover-Bericht und war sich darüber im Klaren, dass es riesige Ölvorräte vor der vietnamesischen Küste gab.

„In den Fünfziger Jahren wurde ein Verfahren für Unterwasser-Explorationen perfektioniert, bei dem kleine Explosionen tief unter Wasser verursacht und die daraus resultierenden Echos der verschiedenen Gesteinsschichten aufgezeichnet wurden. Der Vermesser konnte daraus die genaue Lage der Salzgewölbe bestimmen, die die Ölreserven umschlossen. Aber wäre diese Methode vor der vietnamesischen Küste auf Gelände angewandt worden, das nicht im Besitz von Standard Oil war, wären die Vietnamesen, Chinesen, Japaner und wahrscheinlich sogar Franzosen schnell zu den Vereinten Nationen gerannt und hätten sich über den amerikanischen Öl-Diebstahl beschwert, was die Operation unweigerlich beendet hätte.

1964, nachdem Vietnam in Nord und Süd geteilt war, sowie nach dem Tonkin-Zwischenfall, wurden einige US-Flugzeugträger vor der Küste Vietnams stationiert und der „Krieg“ begann. Jeden Tag starteten Flugzeuge und bombardierten Ziel in Nord- und Südvietnam. Nach ihrer Mission warfen sie im Rahmen der üblichen militärischen Prozedur ihre unsicheren oder nicht gebrauchten Bomben ins Meer, bevor sie wieder auf dem Schiff landeten. Sichere Abwurfzonen wurden hierfür weit weg von den Flugzeugträgern eingerichtet.

Selbst nahe Betrachter hätten lediglich zahlreiche kleinere Explosionen pro Tag im Südchinesischen Meer festgestellt und dies als Teil des „Krieges“ gedeutet. Die US-Flugzeugträger aber hatten mit der Operation Linebacker One begonnen - und Standard Oil mit seiner zehn Jahre dauernden Vermesssung der vietnamesischen Meeresressourcen.

Dies kostete Standard kaum einen Cent, denn der US-Steuerzahler finanzierte alles.“

Quelle: Marshall Douglas Smith: Black Gold Hot Gold (2001)

Zwanzig Jahre später, nachdem 57.000 Amerikaner und eine halbe Million Chinesen gefallen waren, hatte Standard Oil genug Daten zusammen und der Vietnam-Krieg konnte beendet werden. Nelson Rockefellers persönlicher Assistent Henry Kissinger vertrat die USA bei den Pariser Friedensgesprächen und gewann den Nobelpreis für dieses Geschäft.

Nachdem der Rauch des Krieges verzogen war, teilte Vietnam seine Küstenareale in zahlreiche Öl-Lose ein und gestattete ausländischen Firmen hierfür Gebote abzugeben - unter der Voraussetzung, dass Vietnam einen Prozentsatz des Erlöses erhält. Norwegens Statoil, British Petroleum, Royal Dutch Shell, Russland, Deutschland und Australien gewannen alle mit ihren Geboten und begannen mit Bohrungen in ihren Gebieten. Eigenartigerweise stieß niemand auf Öl. Die Gebiete von Standard Oil jedoch wiesen riesige Ölreserven auf. Ihre ausgiebigen seismischen Unterwasser-Forschungen scheinen sich ausgezahlt zu haben.

Unglücklicherweise hat die Raffgier der großen Ölkonzerne kein bisschen nachgelassen. Die amerikanischen und britischen Herrscher haben eine neue imperialistische Strategie ausgeklügelt, mit deren Hilfe sie die totale Kontrolle über die Welt-Energie-Reserven zu erlangen hoffen. Zunächst verkaufen sie Waffen an ein Regime (z.B. Panama, Irak, Jugoslawien/Kosovo, Afghanistan/Pakistan/Taliban Mudjaheddin, Saudi-Arabien). Dann verteufeln sie dieses Regime und erklären ihm den Krieg (Panama-Invasion, Golf-Krieg, UN-Kosovo-Krieg, Afghanistan). Nach dem Krieg stationieren sie dauerhafte Militärbasen im Land und nutzen diese, um die Energiequellen in den anliegenden Ländern zu kontrollieren. Die gegenwärtige US-Außenpolitik wird beherrscht durch die Doktrin der „full-spectrum dominance“: Die USA müssen die militärischen, wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen überall auf der Welt kontrollieren.

„Willst du die Welt regieren, musst du das Öl kontrollieren. Alles Öl. Überall.“

Quelle: Michel Collon, Monopoly

Diese neue Strategie begann mit der Invasion Panamas, schuf als nächstes den sogenannten Golf-Krieg, setzte sich mit dem von den UN sanktionierten Balkan-Krieg fort und wird jetzt durch die neuen Kriege gegen den Terrorismus (Afghanistan, Philippinen usw.) ausgeweitet. Am 20. Januar 2002 erklärte Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, er sei bereit, US-Militär in weiteren 15 Ländern zu stationieren, wenn dies der Kampf gegen den Terrorismus erfordere. Der Grund, warum der sogenannte Krieg gegen den Terrorismus in Afghanistan begann, liegt darin, dass das Land so wichtig für die US-britischen Pläne zur Kontrolle der Öl- und Gasvorräte am Kaspischen Meer ist.

Im von den UN sanktionierten Balkankrieg ging es nur um Öl und einen erleichterten Zugang des Kaspischen Öls zu den Märkten West-Europas über den Kosovo zum Mittelmeer. Als sich Jugoslawien der Kooperation mit dem Weltwährungsfonds widersetzte, starteten die USA und Deutschland eine systematische Destabilisierungskampagne. Jugoslawien wurde in willfährige Kleinstaaten zerteilt und die frühere Sowjetunion zur Zurückhaltung gezwungen. Das Resultat: Die de facto-Besetzung des Kosovo durch US-Truppen und die größte amerikanische Militärbasis seit dem Vietnam-Krieg.

Das Gebiet um das Kaspische Meer verfügt nachweislich über Ölreserven zwischen 15 und 28 Milliarden Barrel. Hinzu kommen geschätzte Reserven von 40 bis 178 Milliarden Barrel, zusammen also 206 Milliarden Barrel oder rund 16 Prozent der potenziellen weltweiten Ölreserven (im Vergleich: Saudi-Arabien verfügt über rund 261 Milliarden Barrel, die USA über rund 22 Milliarden Barrel). Selbst bei den heutigen niedrigen Preisen summiert sich dies zu rund 3 Billionen US-Dollar.

Das saudische Regime steckt in der Klemme - der greise König hat den Tod vor Augen, die weitverbreitete Korruption lässt Rufe nach einem revolutionären Umsturz laut werden. Im Kaukasus wurden neue Öl- und Gasquellen entdeckt. Aus diesen Gründen versucht die Standard Oil-Oberhoheit, ein neues Regime in Saudi-Arabien zu etablieren und neue Operations-Zentren in Südasien einzurichten.

Die riesigen Öl- und Gasvorräte am Kaspischen Meer müssen entweder nach Westen auf die europäischen Märkte oder südlich auf die asiatischen Märkte gebracht werden. Die westliche Route führt durch Tschetschenien über das Schwarze Meer und den Bosporus zum Mittelmeer. Doch der Bosporus ist schon durch Öltanker vom Schwarzen Meer verstopft. Eine alternative Route würde über die Donau und dann über eine kurze Pipeline durch den Kosovo zum Mittelmeer bei Tirana/Albanien führen. Dieser Weg wurde jedoch von den Chinesen unterbunden, die die Albaner seit 1949 als Vasallenstaat versorgen und bewaffnen. Eine weitere Schwierigkeit der westlichen Route besteht darin, dass West-Europa ein harter Markt ist mit hohen Preisen für Ölprodukte, einer überalterten Bevölkerung und zunehmender Konkurrenz durch Naturgas. Außerdem ist er wettbewerblich hart umkämpft durch Öl-Lieferungen aus dem Nahen Osten, der Nordsee, Skandinavien und Russland. West-Europa ist nicht sehr attraktiv, weil eine substanzielle Infrastruktur, mit der Öl vom Kaspischen Meer auf einen bereits überlaufenen europäischen Markt geliefert wird, erst noch entwickelt werden müsste.

Der einzige andere Weg, auf dem das Kaspische Öl auf die asiatischen Märkte gelangt, führt über China (zu lang) oder den Iran (politisch und ökonomisch instabil).

Sobald die Sowjets in den späten Siebzigern die riesigen Kaspischen Ölvorräte entdeckten, versuchten sie, Afghanistan unter Kontrolle zu bringen, um eine massive Nord-Süd-Pipeline durch Afghanistan und Pakistan zu den Seehäfen am Indischen Ozean zu bauen. Das Resultat war der jahrelange sowjetisch-afghanische Krieg. Die von Standard Oil beeinflusste US-Regierung sah die Gefahr der russischen Nord-Süd-Pipeline und der CIA gründete und trainierte bewaffnete Terroristengruppen, darunter Osama bin Laden, der die Sowjets Ende der 80er Jahre zum Rückzug zwang.

Die Russen versuchten anschließend, den Öl- und Gasfluss durch ihr Pipeline-Monopol zu kontrollieren. Die südasiatischen Republiken der früheren UdSSR, Turkmenistan, Kasachstan, Usbekistan, Tadschikistan und Kirgisien durchschauten diese russische List jedoch und fingen an, mit westlichen Firmen zu verhandeln.

Die von Standard Oil beeinflusste US-Regierung plant jetzt einen weiteren Vorstoß entlang des 40. Breitengrades vom Balkan durch diese Republiken der früheren Sowjetunion. Das US-Militär hat bereits eine permanente Operationsbasis in Usbekistan eingerichtet. Die sogenannten Anti-Terror-Strategie zielt ganz klar darauf ab, die Kontrolle über das Öl im Nahen Osten und Südasien zu behalten und gleichzeitig die frühere Sowjetunion zu neutralisieren. Bei dieser Strategie kommt Afghanistan gerade recht.

Russland hat angesichts seiner schwächeren Position gegenüber den USA zumindest oberflächlich sein Einverständnis mit der amerikanischen Vorgehensweise in Afghanistan geäußert. Aber Russland ist auch der Shanghai Cooperation Organization (SCO) beigetreten, die China, Kasachstan, Kirgisien, Tadschikistan und Usbekistan umfasst. China versucht über die SCO, Russland politisch und ökonomisch an sich und Nordost-Asien zu binden. Der Beitritt Russlands ist der Versuch, seine traditionelle Vormachtstellung in Zentralasien aufrechtzuerhalten. Das Grundprinzip der SCO ist die Kontrolle der enormen Öl- und Gasreserven seiner Mitglieder.

Trotz der bösen Ahnungen von Russland, China, Indien oder jeder anderen Nation wird Afghanistan jetzt zum Ausgangspunkt für Operationen, die der Destabilisierung, Isolation sowie der Kontrolle der südasiatischen Republiken und des Nahen Ostens dienen. Nach der Eroberung dieser Gegend und der Errichtung permanenter Militärbasen wird mit dem Bau einer Pipeline durch Turkmenistan, Afghanistan und Pakistan begonnen, mit deren Hilfe Öl für die asiatischen Märkte geliefert wird.

UNOCAL, die Speerspitze der Standard Oil-Interessen, versucht seit Jahrzehnten, eine Nord-Süd-Pipeline durch Afghanistan und Pakistan zum Indischen Ozean zu bauen. 1998 zogen sich die Kalifornier, die 46,5 Prozent der Aktien an Central Asia Gas (CentGas) halten, einem Konsortium, das ambitionierte Pläne zum Bau einer Pipeline durch Afghanistan verfolgte, nach jahrelangen fruchtlosen Bemühungen frustriert zurück. Die Pipeline sollte sich über 1.271 Kilometer von Turkmenistans Dauletabad-Feldern bis nach Multan in Pakistan erstrecken und rund 1,9 Milliarden US-$ kosten. Für zusätzliche 600 Millionen $ wäre die Leitung ins nach Energie hungernde Indien verlängert worden.

Im Frühjahr 2001 unterzeichnete Halliburton, die Firma von US-Vizepräsident Dick Cheney, einen großen Vertrag mit der staatlichen Öl-Firma Aserbaidschans, um eine 6000 m² große Marine-Basis zu errichten, die Ölbohrungen vor der Küste des Kaspischen Meeres unterstützen soll. Die Basis dient zur Unterstützung von Halliburtons Katamaran-Kran-Schiff „Qurban Abbasov“ bei künftigen Leitungsverlegungen und Unterwasser-Aktivitäten, so eine Unternehmensmeldung vom 15. Mai 2001.

UNOCAL kündigte 1998 eine frühere Vereinbarung mit den Taliban, als klar wurde, dass die Taliban nicht ganz Afghanistan kontrollieren und damit ein stabiles politisches Umfeld für ein Nord-Süd-Pipeline-Projekt gewährleisten können. Zu diesem kritischen Zeitpunkt war es wahrscheinlich, dass ein neue Kriegslist - gegen den Terrorismus - erfunden werden musste. Der Krieg gegen den Terrorismus hat zu einem neuen Machtvakuum geführt, bei dem wieder die Kriegsfürsten das Land regieren. Mitten hinein hat die Bush-Regierung ihren eigenen Mann Karzai platziert, um Afghanistan zu kontrollieren.

Karzai war ein hochrangiger Berater für UNOCAL während der Verhandlungen mit den Taliban über die CentGas-Pipeline von Turkmenistan durch West-Afghanistan nach Pakistan. Er ist der Führer des südafghanischen Paschtunen-Stammes der Durrani. Als Mitglied der Mudjaheddin, die die Sowjets in den 80er Jahren bekämpften, war er Hauptkontaktmann für den CIA und unterhielt enge Beziehungen zu CIA-Direktor William Casey, Vizepräsident George Bush und dem pakistanischen Geheimdienst Inter Service Intelligence (ISI). Nach dem Rückzug der Sowjets aus Afghanistan finanzierte die CIA den Umzug von Karzai und einiger seiner Brüder in die USA.

Die wahren Motive der Bush-Regierung für den Krieg in Afghanistan liegen auf der Hand. Die US-Botschafterin in Pakistan, Wendy Chamberlain, traf sich im Januar 2002 mit dem pakistanischen Öl-Minister Usman Aminuddin, um die Pläne für die Nord-Süd-Pipeline voranzutreiben und den Bau eines pakistanischen Öl-Terminals am Arabischen Meer zu unterstützen.

Präsident Bush sagt, dass das US-Militär seine Präsenz in Afghanistan fortsetzen wird. Er meint damit, dass die UN-Streitkräfte als paramilitärische Polizeieinheit dienen, während die US-Soldaten den Bau der Nord-Süd-Pipeline überwachen.

Um zu gewährleisten, dass das Pipeline-Projekt schnell vorankommt, wurde der afghanische Amerikaner Zalmay Khalilzad, vormals Mitglied des CentGas-Projektes, zum Special National Security Assistant von Präsident Bush berufen. Erst kürzlich wurde er zum speziellen Gesandten für Afghanistan ernannt. Khalilzad ist Paschtune und der Sohn eines früheren Regierungsmitarbeiters unter König Mohammed Zahir Shah. Er war Berater der RAND Corporation und Vermittler zwischen UNOCAL und der Taliban-Regierung. Außerdem arbeitete er an verschiedenen Risikostudien für das Projekt unter Leitung der Nationalen Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice, eines früheren Chevron-Vorstandsmitglieds, mit.


 

http://www.bialuch.de/16special.htm

###