Propaganda
Jetzt wird es etwas delikat, weil durch zitieren dieses Schriftstückes
evtl. ein falscher (!!) Eindruck enstehen könnte. Es geht um Hitlers
"Mein Kampf". Bevor eben jener falscher
Eindruck enstehen kann, möchte ich meine Sichtweise und Standpunkt anhand
von folgendem Ausschnitt klar machen...
So schrieb beispielsweise der jüdische
Autor C. C. Aronsfeld 1972 in der Zeitschrift "Prejudice" des Institute of Jewish Affairs: "Die deutschen Behörden
widersetzen sich der Wiederveröffentlichung dieses Buches in dem
Glauben, dass es für eine Freundschaft und Verständigung schädlich sein
könnte. Diese Zweifel können wir verstehen, aber nicht teilen. Der
Ursprung Hitlers ist fast irrelevant. Was wichtig ist, ist die
Tatsache, dass er existierte, dass er seinem Volk und der Welt Unheil
brachte und dass es immer noch Anhänger in vielen Teilen der Welt gibt.
,Mein Kampf' ist ein Handbuch ihrer Vorurteile und ihrer Unwissenheit,
ob sie nun der deutschen, britischen oder irgendeiner anderen Nation
angehören. Es ist deshalb notwendig, dass Hitler ... verstanden werden
sollte. ,Mein Kampf' ist eine Einführung in seinen Geist und seine
Methoden und sollte als solches zum Studium verfügbar sein." Und Theodor Heuss, der erste Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, schlug mir 1959
vor, "Mein Kampf" zu kommentieren und herauszugeben. "Ein besseres
Mittel gegen eine Renaissance Hitlerischer Vorstellungen als ,Mein
Kampf'", so meinte Heuss, könne es kaum geben. (>>)
...dem ich mich vollumfänglich anschließe!!
Ich denke, ihr könnt mich mittlerweile ganz gut einschätzen und
wißt wie ich einzuordnen bin. Wir
sollten davon und daraus lernen!! Wie sonst kann
man effektiver verhindern - oder zumindest erkennenbar machen,
es passiert ja eigentlich ständig
-, daß so etwas - oder Vergleichbares
- jemals wieder irgendwo passiert?
"Nichts trägt mehr dazu bei,
einen Menschen weise werden zu lassen, als wenn er immer einen
Feind in seinem Blickfeld hat" Lord
Halifax
In diesem Falle ist der "Feind" wohl klar, und seine
Methoden (=Propaganda) im Blickfeld zu haben, kann zukünftig
vielleicht helfen!! Es sei noch angemerkt, daß...
- ...
es im Folgenden ausschließlich um die Passagen geht,
die sich mit "Propaganda" beschäftigen.
Deshalb habe ich auch beinahe ausschließlich nur diese
Textstellen gelesen! Zum Rest (insg. mehrere hundert Seiten)
kann ich demnach fast nichts sagen!!
Außer vielleicht, daß das Bißchen, was ich
ansonsten kurz "querlesen" mußte, für
mein Dafürhalten reichlich krank und paranoid daherkommt!
(gilt z.T. auch für hier zitiertes)
- ...
ich durchaus der Meinung bin, daß in Hitlers Ausführungen
(wie gesagt, es geht nur um die unten zitierten Stellen,
die Propaganda betreffend!!!!) leider mehr er- und aufschreckende
Wahrheit liegt, als so manchem lieb sein wird.
Ich glaube nicht, daß sich diesbezüglich seit damals
wesentliches geändert hat - zumindest nicht, was die "menschliche"
Komponente angeht!1. Wir sollten also tatsächlich
aus der Vergangenheit lernen und das Lesen des Textes als
abschreckende Lehre ansehen und aus diesem
Blickwinkel dementsprechend Nutzen daraus ziehen. Schaue
ich mir die aktuellen Geschehnisse und Entwicklungen so an,
ist dies durchaus dringendst geboten!!! Ich jedenfalls kann
sagen, daß ich es in diesem Sinne recht
lehr- und aufschlußreich fand!
- ...
ich ganz bewußt keine eigenen Kommentare hinzugefügt
habe, die z.B. Parallelen zur heutigen Zeit aufzeigen könnten.
Mache sich - beispielsweise von im Text erwähnten
Flugblättern - jeder sein eigenes BILD !
- ...
hier die Quellen zu finden sind: html,
zip
(ausgepackt als pdf)
1bis auf die, nicht
ganz so unwesentliche, Tatsache, daß heutzutage
natürlich ganz andere, "bessere" mediale
- und psychologische - Möglichkeiten bestehen. Nicht nur, aber vor allem,
ist hier das Fernsehen zu nennen, daß damals
noch nicht voll zur Verfügung stand. Eine "eins
zu eins" Übertragung auf heute ist so gesehen
zu vermeiden, die Prinzipien bestehen aber nach wie
vor gänzlich, meine ich!
Ok, ich denke, ihr wißt was ich sagen will. Genug
gelabert! Lest selbst!!!
_______________________________________
Erster Band
[3.Kapitel] Was wir
immer mit dem Worte "öffentliche Meinung" bezeichnen, beruht nur zu
einem kleinsten Teile auf selbstgewonnenen Erfahrungen oder gar Erkenntnissen
der einzelnen, zum größten Teil dagegen auf der Vorstellung, die durch eine oft
ganz unendlich eindringliche und beharrliche Art von sogenannter
"Aufklärung" hervorgerufen wird.
So wie
die konfessionelle Einstellung das Ergebnis der Erziehung ist und nur das
religiöse Bedürfnis an sich im Innern des Menschen schlummert, so stellt auch
die politische Meinung der Masse nur das Endresultat einer manchmal ganz
unglaublich zähen und gründlichen Bearbeitung von Seele und Verstand dar.
Der
weitaus gewaltigste Anteil an der politischen "Erziehung", die man
in diesem Falle mit dem Wort Propaganda sehr treffend bezeichnet, fällt auf das
Konto der Presse. Sie besorgt in erster Linie diese
"Aufklärungsarbeit" und stellt damit eine Art von Schule für die
Erwachsenen dar.
[6.Kapitel] Die
zweite Frage von geradezu ausschlaggebender Bedeutung war folgende: An wen hat
sich die Propaganda zu wenden? An die wissenschaftliche Intelligenz oder an die
weniger gebildete Masse? Sie hat sich ewig nur an die Masse zu richten! Für die
Intelligenz, oder was sich heute leider häufig so nennt, ist nicht Propaganda
da, sondern wissenschaftliche Belehrung. Propaganda aber ist so wenig
Wissenschaft ihrem Inhalte nach, wie etwa ein Plakat Kunst ist in seiner
Darstellung an sich. Die Kunst des Plakates liegt in der Fähigkeit des
Entwerfers, durch Form und Farbe die Menge aufmerksam zu machen. Das
Kunstausstellungsplakat hat nur auf die Kunst der Ausstellung hinzuweisen; je
mehr ihm dies gelingt, um so größer ist dann die Kunst des Plakates selber. Das
Plakat soll weiter der Masse eine Vorstellung von der Bedeutung der Ausstellung
vermitteln, keineswegs aber ein Ersatz der in dieser gebotenen Kunst sein. Wer
sich deshalb mit der Kunst selber beschäftigen will, muß schon mehr als das
Plakat studieren, ja, für den genügt auch keineswegs ein bloßes
"Durchwandern" der Ausstellung. Von ihm darf erwartet werden, daß er
in gründlichem Schauen sich in die einzelnen Werke vertiefe und sich dann
langsam ein gerechtes Urteil bilde.
Ähnlich
liegen die Verhältnisse auch bei dem, was wir heute mit dem Wort Propaganda
bezeichnen.
Die
Aufgabe der Propaganda liegt nicht in einer wissenschaftlichen Ausbildung des
einzelnen, sondern in einem Hinweisen der Masse auf bestimmte Tatsachen,
Vorgänge, Notwendigkeiten usw., deren Bedeutung dadurch erst in den
Gesichtskreis der Masse gerückt werden soll.
Die Kunst
liegt nun ausschließlich darin, dies in so vorzüglicher Weise zu tun, daß eine
allgemeine Überzeugung von der Wirklichkeit einer Tatsache, der Notwendigkeit
eines Vorganges, der Richtigkeit von etwas Notwendigem usw. entsteht. Da sie aber
nicht Notwendigkeit an sich ist und sein kann, da ihre Aufgabe ja genau wie bei
dem Plakat im Aufmerksammachen der Menge zu bestehen hat und nicht in der
Belehrung der wissenschaftlich ohnehin Erfahrenen oder nach Bildung und
Einsicht Strebenden, so muß ihr Wirken auch immer mehr auf das Gefühl gerichtet
sein und nur sehr bedingt auf den sogenannten Verstand.
Jede
Propaganda hat volkstümlich zu sein und ihr geistiges Niveau einzustellen nach
der Aufnahmefähigkeit des Beschränktesten unter denen, an die sie sich zu
richten gedenkt. Damit wird ihre rein geistige Höhe um so tiefer zu stellen
sein, je größer die zu erfassende Masse der Menschen sein soll. Handelt es sich
aber, wie bei der Propaganda für die Durchhaltung eines Krieges, darum, ein
ganzes Volk in ihren Wirkungsbereich zu ziehen, so kann die Vorsicht bei der
Vermeidung zu hoher geistiger Voraussetzungen gar nicht groß genug sein.
Je
bescheidener dann ihr wissenschaftlicher Ballast ist, und je mehr sie
ausschließlich auf das Fühlen der Masse Rücksicht nimmt, um so durchschlagender
der Erfolg. Dieser aber ist der beste Beweis für die Richtigkeit oder
Unrichtigkeit einer Propaganda und nicht die gelungene Befriedigung einiger
Gelehrter oder ästhetischer Jünglinge.
Gerade
darin liegt die Kunst der Propaganda, daß sie, die gefühlsmäßige
Vorstellungswelt der großen Masse begreifend, in psychologisch richtiger Form
den Weg zur Aufmerksamkeit und weiter zum Herzen der breiten Masse findet. Daß
dies von unseren Neunmalklugen nicht begriffen wird, beweist nur deren
Denkfaulheit oder Einbildung.
Versteht
man aber die Notwendigkeit der Einstellung der Werbekunst der Propaganda auf
die breite Masse, so ergibt sich weiter schon daraus folgende Lehre: Es ist
falsch, der Propaganda die Vielseitigkeit etwa des wissenschaftlichen
Unterrichts geben zu wollen.
Die Aufnahmefähigkeit der großen Masse ist nur sehr beschränkt, das
Verständnis klein, dafür jedoch die Vergeßlichkeit groß. Aus diesen Tatsachen
heraus hat sich jede wirkungsvolle Propaganda auf nur sehr wenige Punkte zu
beschränken und diese schlagwortartig so lange zu verwerten, bis auch bestimmt
der Letzte unter einem solchen Worte das Gewollte sich vorzustellen vermag.
Sowie man diesen Grundsatz opfert und vielseitig werden will, wird man die
Wirkung zum Zerflattern bringen, da die Menge den gebotenen Stoff weder zu
verdauen noch zu behalten vermag. Damit aber wird das Ergebnis wieder
abgeschwächt und endlich aufgehoben. [...] Was aber
war die Folge dieser Halbheit? Die breite Masse eines Volkes besteht nicht aus
Diplomaten oder auch nur Staatsrechtslehrern, ja nicht einmal aus lauter
vernünftig Urteilsfähigen, sondern aus ebenso schwankenden wie zu Zweifel und
Unsicherheit geneigten Menschenkindern. Sowie durch die eigene Propaganda erst
einmal nur der Schimmer eines Rechtes, auch auf der anderen Seite zugegeben
wird, ist der Grund zum Zweifel an dem eigenen Rechte schon gelegt. Die Masse
ist nicht in der Lage, nun zu unterscheiden, wo das fremde Unrecht endet und
das eigene beginnt. Sie wird in einem solchen Falle unsicher und mißtrauisch,
besonders dann, wenn der Gegner eben nicht den gleichen Unsinn macht, sondern
seinerseits alle und jede Schuld dem Feinde aufbürdet. [...] Das Volk
ist in seiner überwiegenden Mehrheit so feminin veranlagt und eingestellt, daß
weniger nüchterne Überlegung als vielmehr gefühlsmäßige Empfindung sein Denken
und Handeln bestimmt. Diese Empfindung aber ist nicht kompliziert, sondern sehr
einfach und geschlossen. Es gibt hierbei nicht viel Differenzierungen, sondern
ein Positiv oder ein Negativ. Liebe oder Haß, Recht oder Unrecht, Wahrheit
oder Lüge, niemals aber halb so und halb so oder teilweise usw. [...] Aber alle
Genialität der Aufmachung der Propaganda wird zu keinem Erfolg führen, wenn
nicht ein fundamentaler Grundsatz immer gleich scharf berücksichtigt wird. Sie
hat sich auf wenig zu beschränken und dieses ewig zu wiederholen. Die
Beharrlichkeit ist hier wie bei so vielem auf der Welt die erste und wichtigste
Voraussetzung zum Erfolg. [...] Propaganda
ist jedoch nicht dazu da, blasierten Herrchen laufend interessante Abwechslung
zu verschaffen, sondern zu überzeugen, und zwar die Masse zu überzeugen. Diese
aber braucht in ihrer Schwerfälligkeit immer eine bestimmte Zeit, ehe sie auch
nur von einer Sache Kenntnis zu nehmen bereit ist, und nur einer tausendfachen
Wiederholung einfachster Begriffe wird sie endlich ihr Gedächtnis schenken.
Jede
Abwechslung darf nie den Inhalt des durch die Propaganda zu Bringenden
verändern, sondern muß stets zum Schlusse das gleiche besagen. So muß das
Schlagwort wohl von verschiedenen Seiten aus beleuchtet werden, allein das Ende
jeder Betrachtung hat immer von neuem beim Schlagwort selber zu liegen. Nur so
kann und wird die Propaganda einheitlich und geschlossen wirken.
Diese
große Linie allein, die nie verlassen werden darf, läßt bei immer
gleichbleibender konsequenter Betonung den endgültigen Erfolg heranreifen.
Darin aber wird man mit Staunen feststellen können, zu welch ungeheuren, kaum
verständlichen Ergebnissen solch eine Beharrlichkeit führt.
Jede
Reklame, mag sie auf dem Gebiete des Geschäftes oder der Politik liegen, trägt
den Erfolg in der Dauer und gleichmäßigen Einheitlichkeit ihrer Anwendung.
[10.Kapitel] Man ging
dabei von dem sehr richtigen Grundsätze aus, daß in der Größe der Lüge immer
ein gewisser Faktor des Geglaubtwerdens liegt, da die breite Masse eines Volkes
im tiefsten Grunde ihres Herzens leichter verdorben als bewußt und absichtlich
schlecht sein wird, mithin bei der primitiven Einfalt ihres Gemütes einer
großen Lüge leichter zum Opfer fällt als einer kleinen, da sie selber ja wohl
manchmal im kleinen lügt, jedoch vor zu großen Lügen sich doch zu sehr schämen
würde. Eine solche Unwahrheit wird ihr gar nicht in den Kopf kommen, und sie
wird an die Möglichkeit einer so ungeheuren Frechheit der infamsten Verdrehung
auch bei anderen nicht glauben können, ja selbst bei Aufklärung darüber noch
lange zweifeln und schwanken und wenigstens irgendeine Ursache doch noch als
wahr annehmen; daher denn auch von der frechsten Lügenvereine dieser Welt nur
zu genau kennen und deshalb auch niederträchtig zur Anwendung bringen.
[12.Kapitel] Verzichtet
die Propaganda auf die Urwüchsigkeit der Ausdrucksweise, findet sie nicht den
Weg zum Empfinden der breiten Masse. Verwendet sie hingegen in Wort und Gebärde
die Derbheit des Gefühls der Masse und seiner Äußerungen, so wird sie von der
sogenannten Intelligenz als roh und ordinär abgelehnt. [...] Man muß sich aber
immer vor Augen halten, daß selbst der schönste Gedanke einer erhabenen Theorie
in den meisten Fällen seine Verbreitung nur durch kleine und kleinste Geister
finden kann. Nicht darauf kommt es an, was der geniale Schöpfer einer Idee im
Auge hat, sondern auf die Form und den Erfolg, mit denen die Verkünder dieser
Idee sie der breiten Masse vermitteln.
Die
starke werbende Kraft der Sozialdemokratie, ja der gesamten marxistischen
Bewegung überhaupt, beruhte zum großen Teil in der Einheit und damit Einseitigkeit
des Publikums, an das sie sich wandte. Je scheinbar beschränkter, ja bornierter
ihre Gedankengänge dabei waren, um so leichter wurden sie von einer Masse
aufgenommen und verarbeitet, deren geistiges Niveau dem des Vorgebrachten
entsprach.
Damit
aber ergab sich für diese neue Bewegung ebenfalls eine einfache und klare
Linie: Die Propaganda ist in Inhalt und Form auf die breite Masse anzusetzen
und ihre Richtigkeit ist ausschließlich zu messen an ihrem wirksamen Erfolg. In
einer Volksversammlung der breiten Schichten spricht nicht der Redner am
besten, der der anwesenden Intelligenz geistig am nächsten steht, sondern
derjenige, der das Herz der Masse erobert.
Zweiter Band
[6.Kapitel] Ich habe
damals in kurzer Zeit etwas Wichtiges gelernt, nämlich dem Feinde die Waffe
seiner Entgegnung gleich selber aus der Hand zu schlagen. Man merkte bald, daß
unsere Gegner, besonders in Gestalt ihrer Diskussionsredner, mit einem ganz
bestimmten "Repertoire" auftraten, in welchem immer wiederkehrende
Einwände gegen unsere Behauptungen erhoben wurden, daß die Gleichartigkeit
dieses Vorgangs auf eine zielbewußte einheitliche Schulung hinwies. Und so war
es ja auch. Wir konnten hier die unglaubliche Diszipliniertheit der Propaganda
unserer Gegner kennenlernen, und es ist heute noch mein Stolz, das Mittel
gefunden zu haben, diese Propaganda nicht nur unwirksam zu machen, sondern
ihre Macher endlich selbst damit zu schlagen. Zwei Jahre später war ich Herr in
dieser Kunst.
Es war
wichtig, sich in jeder einzelnen Rede vorher schon klar zu werden über den
vermutlichen Inhalt und die Form der in der Diskussion zu erwartenden
Gegeneinwände und diese dann in der eigenen Rede bereits restlos zu
zerpflücken. Es war dabei zweckmäßig, die möglichen Einwände selbst immer sofort
anzuführen und ihre Haltlosigkeit zu beweisen; so wurde der Zuhörer, der, wenn
auch vollgepfropft mit den ihm angelernten Einwänden, aber sonst ehrlichen
Herzens gekommen war, durch die vorweggenommene Erledigung der in seinem
Gedächtnis eingeprägten Bedenken leichter gewonnen. Das ihm eingelernte Zeug
wurde von selbst widerlegt und seine Aufmerksamkeit immer mehr vom Vortrag
angezogen. [...] Was dem
Marxismus die Millionen von Arbeitern gewonnen hat, das ist weniger die
Schreibart marxistischer Kirchenväter als vielmehr die unermüdliche und
wahrhaft gewaltige Propagandaarbeit von Zehntausenden unermüdlicher Agitatoren,
angefangen vom großen Hetzapostel bis herunter zum kleinen Gewerkschaftsbeamten
und zum Vertrauensmann und Diskussionsredner; das sind die Hunderttausende von
Versammlungen, bei denen, in qualmender Wirtsstube auf dem Tische stehend,
diese Volksredner auf die Massen einhämmerten und so eine fabelhafte Kenntnis
dieses Menschenmaterials zu gewinnen wußten, was sie erst recht in die Lage
versetzte, die richtigsten Angriffswaffen auf die Burg der öffentlichen Meinung
zu wählen. Und das waren weiter die gigantischen Massendemonstrationen, diese
Hunderttausend-Mann-Aufzüge, die dem kleinen, armseligen Menschen die stolze
Überzeugung einbrannten, als kleiner Wurm dennoch Glied eines großen Drachens
zu sein, unter dessen glühendem Atem die verhaßte bürgerliche Welt dereinst in
Feuer und Flammen aufgehen und die proletarische Diktatur den letzten Endsieg
feiern werde. [...] Es
entspricht ganz der verbohrten Weltfremdheit unserer deutschen Intelligenz, zu
glauben, daß zwangsläufig der Schriftsteller dem Redner an Geist überlegen sein
müsse. Diese Auffassung wird in köstlichster Weise durch eine Kritik der schon
einmal erwähnten nationalen Zeitung illustriert, in welcher festgestellt wird,
daß man so oft enttäuscht sei, die Rede eines anerkannt großen Redners
plötzlich im Druck zu sehen. Mich erinnert das an eine andere Kritik, die ich
im Laufe des Krieges unter die Hände bekam; sie nahm die Reden Lloyd Georges,
der damals noch Munitionsminister war, peinlichst unter die Lupe, um zur
geistreichen Feststellung zu kommen, daß es sich bei diesen Reden um geistig
und wissenschaftlich minderwertige, im übrigen banale und selbstverständliche
Produkte handle. Ich bekam dann in Gestalt eines kleinen Bändleins einige
dieser Reden selbst in die Hand und mußte hellauf darüber lachen, daß für diese
psychologischen Meisterstücke seelischer Massenbeeinflussung ein normaler
deutscher Tintenritter kein Verständnis besaß. Dieser Mann beurteilte diese
Reden eben ausschließlich nach dem Eindruck, den sie auf seine eigene
Blasiertheit hinterließen, während der große englische Demagoge sich einzig
darauf eingestellt hatte, auf die Masse seiner Zuhörer und im weitesten Sinne
auf das gesamte untere englische Volk eine möglichst große Wirkung auszuüben.
Von diesem Standpunkt aus betrachtet, waren die Reden dieses Engländers aber
wunderbarste Leistungen, da sie von einer geradezu staunenswerten Kenntnis der
Seele der breiten Volksschichten zeugten. Ihre Wirkung ist denn auch eine
wahrhaft durchschlagende gewesen.
Man
vergleiche damit das hilflose Gestammel eines Bethmann Hollweg. Scheinbar waren
diese Reden freilich geistreicher, in Wirklichkeit aber zeigten sie nur die
Unfähigkeit dieses Mannes, zu seinem Volke zu sprechen, das er eben nicht
kannte. Trotzdem bringt es das durchschnittliche Spatzenhirn einer deutschen,
wissenschaftlich natürlich höchst gebildeten Schreiberseele fertig, die
Geistigkeit des englischen Ministers nach dem Eindruck abzuschätzen, den eine auf Massenwirkung abzielende Rede
auf sein vor lauter Wissenschaft verkalktes Innere hinterläßt und in Vergleich
zu bringen zu der eines deutschen Staatsmannes, dessen geistreiches Geschwätz
bei ihm natürlich auf einen empfänglicheren Boden trifft. Daß Lloyd George an
Genialität einem Bethmann Hollweg nicht nur ebenbürtig, sondern tausendmal
überlegen war, bewies er eben dadurch, daß er in seinen Reden jene Form und
jenen Ausdruck fand, die ihm das Herz seines Volkes öffneten und dieses Volk
endlich restlos seinem Willen dienen ließen. Gerade in der Primitivität dieser
Sache, der Ursprünglichkeit ihrer Ausdrucksformen und der Anwendung leicht
verständlicher, einfachster Beispiele liegt der Beweis für die überragende
politische Fähigkeit dieses Engländers. Denn die Rede eines Staatsmannes zu
seinem Volk habe ich nicht zu messen nach dem Eindruck, den sie bei einem
Universitätsprofessor hinterläßt, sondern an der Wirkung, die sie auf das Volk
ausübt. Und dies allein gibt auch den Maßstab für die Genialität des Redners.
Die
staunenswerte Entwicklung unserer Bewegung, die erst vor wenigen Jahren aus
einem Nichts heraus gegründet wurde und heute schon für wert gehalten wird, von
allen inneren und äußeren Feinden unseres Volkes auf das schärfste verfolgt zu
werden, ist der steten Berücksichtigung und Anwendung dieser Erkenntnisse
zuzuschreiben.
So
wichtig auch das Schrifttum der Bewegung sein mag, so wird es doch in unserer
heutigen Lage größere Bedeutung für die gleiche und einheitliche Erziehung der
oberen und unteren Führer haben als für die Gewinnung gegnerisch eingestellter
Massen. Nur in den seltensten Fällen wird ein überzeugter Sozialdemokrat oder
ein fanatischer Kommunist sich herbeilassen, eine nationalsozialistische
Broschüre oder gar ein Buch zu erwerben, dieses zu lesen und daraus einen
Einblick in unsere Weltauffassung zu gewinnen oder die Kritik der seinen zu
studieren. Selbst eine Zeitung wird nur ganz selten gelesen werden, wenn sie
nicht von vornherein den Stempel der Parteizugehörigkeit trägt. Übrigens würde
dies auch wenig nutzen, denn das Gesamtbild einer einzigen Zeitungsnummer ist
ein so zerrissenes und in seiner Wirkung so zersplittertes, daß man von
einmaliger Kenntnisnahme keinen Einfluß auf den Leser erwarten dürfte. Man darf
und soll aber niemandem, für den schon Pfennige eine Rolle spielen, zumuten,
daß er, nur aus dem Drang nach objektiver Aufklärung, dauernd eine gegnerische
Zeitung abonniert. Es wird dies unter Zehntausenden kaum einer tun. Erst wer
der Bewegung bereits gewonnen ist, wird das Organ der Partei, und zwar als
laufenden Nachrichtendienst seiner Bewegung, dauernd lesen.
Ganz
anders ist es schon mit dem "geredeten" Flugblatt! Das wird der eine
oder andere, besonders wenn er es unentgeltlich bekommt, viel eher in die Hand
nehmen, um so mehr, wenn schon in der Überschrift ein Thema, das augenblicklich
in aller Leute Mund ist, plastisch behandelt ist. Nach mehr oder weniger
gründlicher Durchsicht wird er vielleicht durch ein solches Flugblatt auf neue
Gesichtspunkte und Einstellungen, ja auch auf eine neue Bewegung aufmerksam
gemacht werden können. Allein auch dadurch wird, selbst im günstigsten Fall,
nur ein leiser Anstoß gegeben, niemals jedoch eine vollendete Tatsache
geschaffen. Denn auch das Flugblatt kann nur zu etwas anregen oder auf etwas
hinweisen, und seine Wirkung wird nur eintreten in Verbindung mit einer
nachfolgenden gründlichen Belehrung und Aufklärung seiner Leser. Diese ist und
bleibt aber immer die Massenversammlung.
Die
Massenversammlung ist auch schon deshalb notwendig, weil in ihr der einzelne,
der sich zunächst als werdender Anhänger einer jungen Bewegung vereinsamt fühlt
und leicht der Angst verfällt, allein zu sein, zum erstenmal das Bild einer
größeren Gemeinschaft erhält, was bei den meisten Menschen kräftigend und
ermutigend wirkt. Der gleiche Mann wird im Rahmen einer Kompanie oder eines
Bataillons, umgeben von allen seinen Kameraden, leichteren Herzens zum Sturm
antreten, als er dies, ganz auf sich allein angewiesen, täte. Im Rudel fühlt er
sich immer noch etwas geborgen, und wenn auch in der Wirklichkeit tausend
Gründe dagegen sprächen.
Die
Gemeinsamkeit der großen Kundgebung aber stärkt nicht nur den einzelnen,
sondern sie verbindet auch und hilft mit, Korpsgeist zu erzeugen. Der Mann, der
als erster Vertreter einer neuen Lehre in seinem Unternehmen oder in seiner
Werkstätte schweren Bedrängnissen ausgesetzt ist, bedarf notwendig jener
Stärkung, die in der Überzeugung liegt, ein Glied und Kämpfer einer großen
umfassenden Körperschaft zu sein. Den Eindruck dieser Körperschaft erhält er
jedoch erstmalig nur in der gemeinsamen Massenkundgebung. Wenn er aus seiner
kleinen Arbeitsstätte oder aus dem großen Betrieb, in dem er sich recht klein
fühlt, zum ersten Male in die Massenversammlung hineintritt und nun Tausende
und Tausende von Menschen gleicher Gesinnung um sich hat, wenn er als Suchender
in die gewaltige Wirkung des suggestiven Rausches und der Begeisterung von
drei- bis viertausend anderen mitgerissen wird, wenn der sichtbare Erfolg und
die Zustimmung von Tausenden ihm die Richtigkeit der neuen Lehre bestätigen und
zum erstenmal den Zweifel an der Wahrheit seiner bisherigen Überzeugung
erwecken - dann unterliegt er selbst dem zauberhaften Einfluß dessen, was wir
mit dem Wort Massensuggestion bezeichnen. Das Wollen, die Sehnsucht, aber auch
die Kraft von Tausenden akkumuliert sich in jedem einzelnen. Der Mann, der
zweifelnd und schwankend eine solche Versammlung betritt, verläßt sie innerlich
gefestigt: er ist zum Glied einer Gemeinschaft geworden.
[11.Kapitel] Die
Propaganda versucht eine Lehre dem ganzen Volke aufzuzwingen, die Organisation
erfaßt in ihrem Rahmen nur diejenigen, die nicht aus psychologischen Gründen
zum Hemmschuh für eine weitere Verbreitung der Idee zu werden drohen.
Die
Propaganda bearbeitet die Gesamtheit im Sinne einer Idee und macht sie reif für
die Zeit des Sieges dieser Idee, während die Organisation den Sieg erficht
durch den dauernden, organischen und kampffähigen Zusammenschluß derjenigen
Anhänger, die fähig und gewillt erscheinen, den Kampf für den Sieg zu führen.
Der Sieg
einer Idee wird um so eher möglich sein, je umfassender die Propaganda die
Menschen in ihrer Gesamtheit bearbeitet hat und je ausschließlicher, straffer
und fester die Organisation ist, die den Kampf praktisch durchführt. Daraus
ergibt sich, daß die Zahl der Anhänger nicht groß genug sein kann, die Zahl der
Mitglieder aber leichter zu groß als zu klein wird.
Wenn die
Propaganda ein ganzes Volk mit einer Idee erfüllt hat, kann die Organisation
mit einer Handvoll Menschen die Konsequenzen ziehen. Propaganda und
Organisation, also Anhänger und Mitglieder, stehen damit in einem bestimmten gegenseitigen
Verhältnis. Je besser die Propaganda gearbeitet hat, um so kleiner kann die
Organisation sein, und je grö- ßer die Zahl der Anhänger ist, um so
bescheidener kann die Zahl der Mitglieder sein und umgekehrt: Je schlechter die
Propaganda ist, um so größer muß die Organisation sein, und je kleiner die
Anhängerschar einer Bewegung bleibt, um so umfangreicher muß deren
Mitgliederzahl sein, wenn sie überhaupt noch auf einen Erfolg rechnen will.
Die erste
Aufgabe der Propaganda ist die Gewinnung von Menschen für die spätere
Organisation; die erste Aufgabe der Organisation ist die Gewinnung von Menschen
zur Fortführung der Propaganda. Die zweite Aufgabe der Propaganda ist die
Zersetzung des bestehenden Zustandes und die Durchsetzung dieses Zustandes mit
der neuen Lehre, während die zweite Aufgabe der Organisation der Kampf um die
Macht sein muß, um durch sie den endgültigen Erfolg der Lehre zu erreichen. [...]
|