Verwaltung der Binnenschiffahrt
 
 


Abb. 3 Verwaltung und Beschäftigte in der Binnenschiffahrt
 

Der aufgeblähte Verwaltungsapparat für die Bundeswasserstraßen muß gestrafft und neu profiliert werden. Rund 18.000 Beschäftigten in der Wasserschifffahrtsverwaltung des Bundes stehen 7635 Beschäftigte in dem Binnenschifffahrtsgewerbe gegenüber. Dies entspricht bei 7.367 km Bundeswasserstraße für jeden Kilometer 2,4 Beamte. Dabei drängt sich der Eindruck auf, daß durch "Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen" in Form von Fortschreibung und Neuauflage uralter und überholter Pläne, z.B. Schaffung einer Wasserwegeverbindung zwischen Donau, Elbe und Oder, der Personalbestand legitimiert werden soll.

http://www.bund.net/lab/reddot2/pdf/binnenschifffahrt.pdf
 
 

Oder anders ausgedrückt: Jedem Beschäftigten stehen 2,34 Beamte zur Seite !! Das nenne ich effektiv 



 

Geisterhäfen

Millionen Steuergelder über Bord geworfen

In Eberswalde - tief in Brandenburg - gibt es einen der modernsten Binnenhäfen Deutschlands. Nur Eberswalde ist schon lange kein Industriestandort mehr. Im Hafen rührt sich kaum etwas. Nur einmal pro Woche kommt hier ein Schiff mit Fracht vorbei. 

Dennoch wurde alles neu gebaut: Hafenbecken, Kräne, Kaianlagen und Lagerhallen. Zwölf Millionen Euro Steuergelder wurden investiert. Die Eberswalder freuen sich über den Hafen. Der schaffe Arbeitsplätze. 

Horst Schäfer, Technische Werke Eberswalde GmbH: "Wir haben hier direkt im Hafenbereich zurzeit drei Arbeitsplätze. Wir hoffen aber, wenn die Industrieflächen besiedelt sind, dass dann voraussichtlich fünf, sechs eventuell acht Arbeitsplätze geschaffen werden." 

Schiene statt Hafen

Zwölf Millionen Euro Steuergelder für derzeit drei Arbeitsplätze. Das Land Brandenburg schenkte den Eberswaldern den neuen Hafen. Eine Bahnanbindung haben sie auch. Meist ruht der Verkehr. Das wenige, was im Hafen verladen werden sollte, hätte auch die Bahn übernehmen können. Dies bestätigt auch Thomas Altmann von DB-Cargo: "Wir haben sowohl in dem Knotenbahnpunkt Eberswalde als auch in den umliegenden Rangierbahnhöfen und Strecken ausreichend freie Kapazitäten, um diese Verkehre abfahren zu können." 
Millionen Tonnen könnten hier gestemmt werden - im letzten Jahr waren es mit 20.000 Tonnen gerade mal ein Bruchteil davon. Wunsch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander. 

Aufschwung ist Glaubenssache

Aber Eberswalde träumt von einem gewaltigen Aufschwung mit vielen Firmen und Schiffen. Dann, so Bürgermeister Reinhard Schulz, rechnet sich der Hafen: "Wir fahren jetzt Minus ein. Wir werden aber in den nächsten drei, vier Jahren dieses Defizit ausgleichen und schwarze Zahlen haben." 
Frontal21: "Was Sie aber nicht sicher sagen können?" 
Schulz: " Das kann niemand sicher sagen. Wir glauben daran." 

Der Glauben müsste wirklich Berge versetzen, denn der Umschlagsberg hat sich 2002 im Vergleich zum Vorjahr nochmals halbiert. Das lag daran, dass ein anderer Hafen ganz in der Nachbarschaft fertig wurde. Und damit fiel der Umschlag an Baumaterialien in Eberswalde weg. Der andere Hafen liegt in Schwedt - nur 50 Kilometer weg von Eberswalde. Beide Häfen vereint, dass hier alles neu und nichts los ist. Der einzige Unterschied ist, dass der Hafen in Schwedt fast doppelt soviel gekostet hat: rund 21 Millionen Euro Steuergelder. Dafür gibt es jetzt fünf Arbeitsplätze. 

Teurer Hafen braucht teuren Kanal 

Das Problem in Schwedt ist, dass der Wasserweg dorthin nicht ausgebaut ist und daher nur für kleine Schiffe taugt. Der Umbau würde noch mal rund 40 Millionen Euro kosten. 

Für Umweltschützer Ernst Paul Dörfler - eigentlich ein Befürworter der Binnenschiffahrt - ist das eine Fehlinvestition: "Es werden nicht mehr Schiffe fahren als heute schon fahren. Man kann das auch in den alten Bundesländern sehen, dort sind alle Flüsse schon kanalisiert worden. In den letzten 40 Jahren gab es überhaupt keinen Zuwachs an Transportgütern. Der Anteil der Güter auf den Wasserstraßen ist kontinuierlich zurückgegangen. Das heißt, es bringt nichts auszubauen. Der Verkehr findet heute nicht mehr auf den Wasserstraßen statt." 

Auch der Brandenburger Landesrechnungshof hat Zweifel an der Investition in die Häfen. Im Jahresbericht 2002 heißt es: "Die Nutzung der Wasserstraßen für die moderne Containerschiffahrt ist derzeit nicht absehbar." 
 
Mit anderen Worten: Die Häfen wurden falsch geplant. Warum also hat das Land mit öffentlichen Mitteln Häfen gebaut, die keiner braucht. Das hätten wir gern den seinerzeit verantwortlichen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe gefragt. Doch der jetzige Bundesverkehrsminister ist trotz mehrfacher Nachfrage für uns nicht zu sprechen. 
 
Fehlplanung

Nutzlose Häfen liegen nicht nur in Brandenburg, sondern auch in Sachsen-Anhalt. Halle an der Saale hat seinen Hafen aus öffentlichen Geldern modernisiert. Für rund 20 Millionen Euro. 
Früher arbeiteten hier 15 Menschen, heute noch zwölf. Ein Frachtschiff kommt etwa einmal pro Woche. Besserung ist nicht in Sicht. Geplant war das alles anders. Berechnungen auf Basis des Bundesverkehrswegeplans aus dem Jahr 1992 erwiesen sich als nicht realistisch. Doch das stört die Hallenser nicht. Sie wollen zum nutzlosen Hafen auch noch einen Kanal. 
 
Hafen in der Sackgasse

Dieter Lehmann, Stadtrat Halle-Saale: "Wir möchten, dass der begonnene Saale-Ausbau, der 1927 mal begonnen wurde und in der damaligen Zeit fertiggestellt wurde, bis nach Calbe, dass der im letzten Teilstück auf den letzten 20 Kilometern fertiggestellt wird, damit die Schiffe auch das europäische Wasserstrassennetz erreichen können." 

Die großen Frachtschiffe kommen nämlich von Halle aus nicht viel weiter. Die Saale ist bei Niedrigwasser nicht tief genug. Deswegen wollen die Hallenser den Kanal bis zur Elbe. Rund 70 Millionen Euro würde der kosten. Experten wie Prof. Werner Rothengatter, Uni Karlsruhe, sind skeptisch : "Ich kann nur sagen, dass verschiedene Nutzenbereiche, wie etwa der Nutzenbereich Gütertransport, im Vergleich zu den anderen Nutzenbereichen geprüft worden sind. Es ist geprüft worden, ob es erheblichen Nutzen aus der Reduktion von Emissionen und von Lärm gibt. Die Ergebnisse sind gegenüber der Alternative Bahn relativ bescheiden. Aus diesem Grunde ist es nicht angezeigt, solche aufwändigen Maßnahmen entlang der Elbe durchzuführen." 
 
Schildbürgerstreich

Frontal21 fragt bei Dieter Lehman, Stadtrat in Halle nach, ob sich diese Investitionen rechnen. Lehmann: "Glauben Sie, dass dieses Geld investiert worden wäre, wenn nicht Sachverstand vorher geprüft hätte, dass sich das rechnet, so wie sie es sagen? Und jetzt fehlt am Ende noch ein kleines Stück, was man mal nicht gebaut hat, weil der Zweite Weltkrieg dazwischen kam." 
Frontal21: "Aber es gibt auch Fehlinvestitionen." 
Lehmann: "Natürlich gibt es so etwas, aber nicht über so eine lange Strecke." 
 
Dörfler sieht die Situation kritischer: "Das ist eigentlich ein Schildbürgerstreich, dass man hier eine Wasserstrasse für Europaschiffe baut, die in die eine Richtung eine Sackgasse ist und in die andere Richtung nur halbjährig nutzbar ist. Das heißt, sie wird sich nicht rentieren. Das ist eine Investition, die man lassen sollte. Das Geld wird anderswo dringender gebraucht." 
 
Auf Kosten des Steuerzahlers

Der sachsen-anhaltinische Wirtschaftsminister will von einem Schildbürgerstreich nichts wissen. Der Kanal müsse her, so der Wirtschaftsminister. 
 
Horst Rehberger, Wirtschaftsminister, Sachsen-Anhalt: "Ich bin ganz sicher, unter dieser oder spätestens unter einer neuen Bundesregierung wird der Bund diese Ausbaumaßnahmen durchführen, die man in anderen Bereichen auch durchgeführt hat und zwar mit ökonomischen Erfolgen." 

Frontal21: "Wer ist der Kostenträger?" 

Rehberger: "Der Bund." 

Frontal21: "Das heißt, das Land Sachsen-Anhalt müsste keinen Pfennig dazu tun." 

Rehberger: "Keinen Euro und keinen Cent." 
 
Hier hat der Wirtschaftsminister recht. Egal, ob sich Häfen und Kanäle jemals rechnen oder nicht. Das Geld käme vom Bund und damit vom Steuerzahler. Für die Geisterhäfen zahlen immer die Anderen. 
 

http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/6/0,1872,2036358,00.html